Im Mittelpunkt steht dabei ein Schwesternorden, nämlich das Klarissenkloster in Malonne, das sich bereit erklärt hat, Michelle Martin zwecks Wiedereingliederung in die Gesellschaft aufzunehmen. Damit sind auch die Schwestern zum Gegenstand massiver Kritik geworden.
Der geplante Aufenthalt Martins in ihrem Kloster stellt das unerlässliche Projekt zu ihrer gesellschaftlichen Wiedereingliederung dar. Sagen die Schwestern “Nein“ dazu, dann wird das Vorhaben hinfällig und Michelle Martin muss weiter im Gefängnis bleiben.
Mit den Klarissen steht und fällt also die bedingte, vorzeitige Freilassung jener Frau, die zwei unschuldige Kinder im Kellerversteck von Dutroux verhungern ließ und es genauso hinnahm, dass zwei weitere Entführungsopfer Dutroux‘s bei lebendigem Leib begraben wurden. Schrecklichere Verbrechen kann man sich kaum vorstellen, so dass man die Reaktion einer vermutlich großen Mehrheit der Bevölkerung, die eine vorzeitige Freilassung Martins kategorisch ablehnt, durchaus verstehen kann.
Reue
Die Schwestern von Malonne rechtfertigen ihre Haltung gegenüber Martin mit der von Christus als oberstem Gebot verlangten Nächstenliebe, mit der gottgewollten Barmherzigkeit gegenüber jedem Sünder, der, so schwer seine Tat auch sein mag, ein Recht auf Vergebung hat, vorausgesetzt, er bereut seine Vergehen.
An dieser Stelle muss man einhaken, denn dass Michelle Martin tatsächlich Reue zeigt und zur Buße bereit ist, scheint mehr als fraglich. Würde sie nämlich die Ungeheuerlichkeit ihrer Verbrechen einsehen und diese aufrichtig bereuen, dann kann man sich kaum vorstellen, dass sie es überhaupt gewagt hätte, eine vorzeitige Haftentlassung zu beantragen. Darüber hinaus hätte sie nicht alles in die Wege geleitet, um das von ihrer Mutter geerbte Vermögen sofort ihren eigenen Kindern zu vermachen, nur um selbst mittellos zu bleiben und folglich auch keine Entschädigung an die Hinterbliebenen ihrer Opfer zahlen zu müssen. Kurzum, so reuevoll, wie ihr Anwalt beteuert, ist die Dutroux-Exfrau offenbar nicht.
Buße
Und wenn die Nonnen von Malonne schon aus christlicher Nächstenliebe handeln wollen, dann sollten sie bedenken, dass Christus selbst die Buße vor die Vergebung gestellt hat. In anderen Worten, wenn die Schwestern Michelle Martin aufnehmen wollen, nachdem diese ihre 30-jährige Gefängnisstrafe abgesessen hat, ist nichts dagegen einzuwenden. Dies bereits nach gut der Hälfte der Strafverbüßung zu tun, ist bei aller christlicher Nächstenliebe weder zu verstehen noch vermittelbar.
Übrigens, hat nicht Christus selbst einmal seinen Jüngern gesagt: “Wer einen von diesen Kleinen, und damit waren Kinder gemeint, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals im tiefen Meer versenkt würde.“ Man könnte meinen, dass man diese Passage des Evangeliums in Malonne übersehen hat.
Verantwortung
Und dann ist da noch die Frage nach der Haltung der katholischen Kirche in dieser Angelegenheit. Offiziell ist dazu zu hören, dass sich die kirchliche Obrigkeit, also konkret Erzbischof Léonard, nicht in das Tun und Lassen der Ordensschwestern einzumischen hat. Jedenfalls, so heißt es, brauchen die Schwestern sich von ihm keine Verhaltensregeln diktieren zu lassen. In der Theorie mag das stimmen, doch wenn der Bischof in Malonne anklopft und den Schwestern ins Gewissen redet, beziehungsweise ihnen nahelegt, endlich Vernunft anzunehmen, dann kann man sich nur schwer vorstellen, dass dies keine Wirkung hätte.
Es ist zwar eine Tatsache, dass sich Monseigneur Léonard angesichts der zahlreichen Pädophilie-Skandale in der Kirche in keiner sehr günstigen Position befindet, um den Klarissen die Leviten zu lesen. Man kann es jedoch auch so sehen: gerade die pädophilen Vergehen zahlreicher Priester sollten den Erzbischof dazu bringen, den Schwestern ins Gewissen zu reden, damit sie nicht die jahrelange Komplizin des allerschlimmsten belgischen Kinderschänders, Marc Dutroux, bei sich aufnehmen. Hier hätte die Kirche eine Gelegenheit, ihr lädiertes Image ein wenig aufzumöbeln. Ob dies ihrem Ansehen viel bringen wird, ist schwer zu beurteilen. Wenn die Schwestern jedoch dabei bleiben, Michelle Martin bei sich aufzunehmen, ohne dass die Kirche eindringlich an ihre Vernunft appelliert, dann wird ihr Ansehen auf jeden Fall einen weiteren Tiefschlag zu verkraften haben.
Bild: Anthony Dehez (belga)
Zuerst ein Mal möchte ich mich für den Kommentar des Herrn Rudi Klinkenberg zu dem brisanten Thema bedanken. Der Kommentar wurde sehr professionel d.h. neutral und realistisch verfasst. Ich würde mir wünschen wenn noch weitere Fragen zu den Auflagen des Resozialisierungsplans veröffentlicht würden. Darf Frau MARTIN das Kloster verlassen und wer kontrolliert das?
Ich kann auch nicht nachvollziehen dass Frau MARTIN hier Reue zeigt im Gegenteil sonst hätte Sie in der Tat sich dazu bereit erklärt die vollständige Dauer der Haftstrafe abzusitzen.
Mir ist völlig unverständlich wie der Richter einer vorzeitigen Haftentlassung zustimmen konnte und ich finde es sehr traurig zu erfahren wie wenig dies die Bevölkerung in Ostbelgien berührt.
Ich würde mir wünschen wenn hier in der DG die Bevölkerung und die Politik ihren Unmut zu diesem Thema öffentlich zum Ausdruck bringen würden.
genau Herr Brodel.
Nach meinen Recherchen, und auch nach dem Interview des Herrn Lejeune (Heutige Grenz-Echo Ausgabe) darf Frau Martin das Kloster verlassen, so wie sie lustig ist, und dies wird auch nicht kontrolliert. 🙁
Ausserdem stehen den Opfern und den Eltern der Opfer von Frau Martin eine Geldsumme als "sogennante Entschädigung" zu, diese haben aber bis zum Heutigen Tag noch keinen € gesehen!!!!
Die Gesetztgebung sollte doch abgeändert werden, damit solche Menschen keine weiteren Taten verüben können!
Einfach nur fassunglos und traurig diese ganzen schrecklichen Straftaten hier in Belgien.... 🙁
Werter Herr Klinkenberg,
zu Ihrem Kommentar muss ich Ihnen gratulieren. Ich sehe die Dinge genau so!
Ich finde es ungeheuerlich, dass man die Opfer einfach übergeht und sich den Tätern wohlgesonnen zeigt. Wie kann es möglich sein, dass die Obrigkeit der katholischen Kirche die Hände in den Schoß legt und tatenlos zusieht, wie die Klarissenschwestern das ohnehin schon ramponierte Ansehen weiter nach unten ziehen. Was steckt dahinter?
Hätte Frau Martin einen Sinn für Reue, hätte sie die vor 17 Jahren schon gezeigt. Ein Mensch, der nicht eingreift, obwohl er weiß, dass zwei Kinder im Keller verhungern... Hat dieser Mensch einen Platz in der Gesellschaft verdient?
Hier wird von "Wieder"eingliederung gesprochen. Wer eine solche Handlung begeht, war nie eingegliedert in unserer Gesellschaft und wird es auch nie sein!
Ich kann diesem Bericht auch nur absolut zustimmen.
Nur:Wohin mit dieser Frau?
Wir poltern alle auf den Staat,die Frau,und die Nonnen ein,nur keiner hat einen vernünftigen Vorschlag,wohin mit ihr,und was mit ihr passieren soll.Wünsche und Hoffnungen aller Art nützen nichts...
Das sie freikommt,ist unser Justitzwesen schuld.Und sollten diese Schwestern sie aus Druck aus der Öffentlichkeit oder sonst wo nicht aufnehmen,was passiert dann?
Ich kann mir nicht vorstellen,das diese Frau irgendwo einfach nur leben kann...soll...das geht einfach nicht.
Und eine 'Lösung' dieses Problems habe ich leider auch nicht....
Da ist doch dieses Kloster doch noch die bessere Lösung....oder?
Kloster, Fußfessel, 6 Tage 12h arbeiten - Nicht vor Ende der 30 Jahre das Kloster verlassen - alles ist gut und allen ist geholfen.
Ich bin ja starker Befürworter, dieser Frau, wenn sie es ehrlich meint, die Chance zu geben außerhalb eines Gefängnisses Buse zu tun. Unentgeldlich im ausschließlichen Dienste des Herren soll sie hinter den Klostermauern gerne ihren Frieden finden... - Außerhalb der Klostermauern... NO GO bis 2026.
Pit
Der Herr Klinkenberg hat 100%ig recht. Sollten die Nonnen, Michelle Martin nicht aufnehmen, würde sie im Gefängnis bleiben. So sieht es aus. Und das man Michelle Martin überhaupt wieder eingegliedert werden kann bezweifle ich stark. Denn sie genau so eine Täterin wie Marc Dutroux!