Dies ergab eine Untersuchung der Katholischen Universität Löwen.
Ausgangspunkt der Vertrauenskrise ist auf jeden Fall die Politik, beziehungsweise die jüngste politische Krise von 541 Tagen, die man brauchte, um eine neue Regierung zu bilden. Dies hat die Parteien in den Augen Flanderns enorm degradiert, und es scheint, dass dieser Vertrauensschwund sich auch auf andere Institutionen, wie die Regierung und das Parlament, aber auch auf die Gewerkschaften, das Justizwesen, die Kirche und sogar auf die Presse ausgedehnt hat.
Am größten ist offenbar das Misstrauen der Flamen gegenüber den politischen Parteien. Hier gab es sogar ein besonders spektakuläres Ergebnis. Auf die Frage: Haben sie großes Vertrauen in die Parteien, hat nicht ein einziger der Befragten mit "Ja" geantwortet. Und nur gut drei auf zehn gaben an, dass sie den politischen Formationen nicht misstrauisch gegenüber stehen. So schlecht haben die Parteien in den Augen der flämischen Bevölkerung noch nie abgeschnitten.
Offenbar hat die durch die jüngste Regierungskrise von 541 Tagen ausgelöste Enttäuschung auch auf andere Institutionen abgefärbt. Weniger als die Hälfte der Flamen, genau gesagt zwischen 41 und 43 Prozent, hat noch Vertrauen in Regierung und Parlament, in die Presse, die Gewerkschaften, die Justiz und das Königshaus. Der Vollständigkeit halber muss man allerdings hinzufügen, dass das Ende der letzten Regierungskrise, bei dem der König keine unbedeutende Rolle gespielt hat, außerhalb des Untersuchungszeitraums liegt.
Ergebnis besonders enttäuschend für Kirche
Sage und schreibe 72 Prozent der Befragten gaben an, der Kirche wenig bis überhaupt nicht zu trauen. Den Grund dafür braucht man nicht weit zu suchen. Die jüngsten Pädophilie-Skandale, in die zahlreiche Priester bis hin zum Brügger Ex-Bischof Vangheluwe verwickelt sind, haben hier sicherlich die entscheidende Rolle gespielt.
Die Polizei hingegen schneidet gemäß dem Motto "Die Polizei, dein Freund und Helfer" besser ab als die anderen Institutionen des Landes. Immerhin ist die Polizei die einzige belgische Einrichtung, der mehr Menschen in Flandern trauen als misstrauen. Das Vertrauen in die Polizei ist zwar auch nicht gerade umwerfend, liegt aber immerhin bei 54 Prozent. Damit hat sie als einzige der Institutionen die Vertrauensprüfung in Flandern bestanden, wenn auch nicht gerade mit großer Auszeichnung..
Das Urteil der Belgier über Unternehmen ist eigentlich genau so negativ wie das Vertrauensdefizit der Flamen in die Institutionen, denn mehr als die Hälfte der Belgier hält die Betriebe für unfähig, sich den krisenbedingten Änderungen anzupassen. Schlimmer noch: Zwei von drei Arbeitnehmern finden, dass ihr Unternehmen ihnen keine Aufstiegsmöglichkeiten bietet und jeder Dritte sagt sich, dass er sich nach einer neuen Stelle umschauen muss, um Karriere zu machen. Das ist also auch alles andere als ein positives Urteil.
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