Die Parlamentarier der Mehrheit geben Gas: Noch vor der Sommerpause wollen sie konkrete Ergebnisse, ihre Versprechen einhalten und der nationalistischen N-VA vor der Kommunalwahl den Wind aus den Segeln nehmen.
Blicken wir nochmal kurz zurück: Letztes Jahr im September gelingt endlich der Durchbruch, nach einer langen Krise einigen sich acht Parteien auf die Spaltung von BHV - das sind die sechs Mehrheitsparteien und die Grünen, die ja auch heute noch die Koalition in Sachen Staatsreform unterstützen, weil dafür im Parlament ja eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig ist.
Danach werden Schritt für Schritt weitere Teilerfolge verbucht und im November letzten Jahres steht dann die Staatsreform. Dieses Abkommen musste aber noch mühevoll in Gesetzestexte gegossen werden, die sind Anfang März im Parlament hinterlegt worden und jetzt wird darüber in Kammer und Senat debattiert.
Die zuständigen Ausschüsse von Kammer und Senat arbeiten gleichzeitig. Das Abgeordnetenhaus beschäftigt sich zunächst mit der Spaltung des Gerichtsbezirks BHV während die Senatoren die Spaltung des umstrittenen Wahlbezirks unter die Lupe nehmen. Die Parlamentarier wollen noch vor der Sommerpause mit dem ersten Teil der Staatsreform durch sein.
Politische Bremsmanöver
Aber das könnte ganz schön knapp werden. Einmal, weil die Texte sehr komplex sind und sowohl von der Kammer als auch vom Senat verabschiedet werden müssen. Und dann, weil es da noch die Opposition gibt. Die ist abgesehen von den Grünen gegen die Staatsreform und wird alles daran setzten, das Verfahren in die Länge zu ziehen.
Auf flämischer Seite sind das die Nationalisten von der N-VA und der rechtsextreme Vlaams-Belang. Hauptargument: Die Reform benachteiligt die Flamen. Auf französischsprachiger Seite ist es die FDF. Ihr Argument: Die Reform benachteiligt die Französischsprachigen in den Brüsseler Randgemeinden.
Kleines Beispiel für das politische Geplänkel: Eigentlich hätte über den Gesetzesvorschlag zur Spaltung des Wahlbezirks Brüssel-Halle-Vilvoorde im Senat schon am Montag abgestimmt werden sollen - aber die Vertreter vom Vlaams Belang haben die Debatte bis in die Nacht in die Länge gezogen und immer wieder neue Fragen gestellt.
Resultat: Statt am Montag konnte erst am Dienstagvormittag über den Text abgestimmt werden. In den kommenden Sitzungen ist wohl mit ähnlichen Verzögerungen zu rechnen. Immerhin geht es um 13 Gesetzesvorschläge im Senat und drei in der Kammer.
Konkrete Ergebnisse
Erklärtes Ziel der Mehrheit ist es, das Ganze vor dem Sommerurlaub Ende Juli zu verabschieden. Die Regierung hält an diesem Datum fest, weil sie konkrete Ergebnisse will - und zwar noch vor der Kommunalwahl im Oktober. Vor allem die flämischen Parteien wollen ihren Wählern zeigen: "Schaut her, wir reden nicht nur über die Spaltung von BHV, wir haben sie tatsächlich nach über 40 Jahren durchgesetzt."
CD&V, SP.A und vor allem OpenVLD wollen der nationalistischen N-VA damit den Wind aus den Segeln nehmen. Der Partei von Bart De Wever werden ja Rekordergebnisse bei den Gemeinderatswahlen im Herbst vorausgesagt. Die einen wollen also Gas geben, die anderen drücken auf die Bremse. Deswegen soll zur Not sogar der Start in die Sommerferien nach hinten verschoben werden.
Bild: Kristof Van Accom (belga)