Die belgische Investitionsgesellschaft für Entwicklungsländer, kurz BIO, steht seit heute in der Kritik. Die Einrichtung finanziert kleine Unternehmen in Problemländern - allerdings über Umwege.
Wie die Zeitung „Le Soir“ heute berichtet, soll das Geld zunächst in Steuerparadiesen landen wie den Bahamas, Mauritius und den Cayman-Inseln. Erst danach gelangt es zu den eigentlichen Nutznießern.
„Ein Skandal“, sagen die einen. „Völlig legal“, antworten die anderen. BIO wird zum Großteil mit Steuergeldern finanziert. Der für Entwicklungszusammenarbeit zuständige Minister Paul Magnette hat umgehend eine Untersuchung angefordert.
Der eigentliche Auftrag
Die belgische Investitionsgesellschaft für Entwicklungsländer gibt es seit etwas mehr als zehn Jahren. Die Einrichtung soll Belgien dabei helfen, Geld in nachhaltige Projekte zu investieren, direkt vor Ort - in Afrika, Asien und Lateinamerika. Kleine, gewinnversprechende Unternehmen sollen so eine Chance erhalten.
Doch die Investitionsgesellschaft hält sich nicht immer an ihren Auftrag, sagt Bogdan Van den Berghe von 11.11.11. Das Geld fließt nicht direkt in nachhaltige Projekte, sondern macht einen Umweg über Steuerparadiese. Ein schlechtes Geschäft für die Entwicklungsländer, fasst Van den Berghe zusammen.
Die Zeitung Le Soir veröffentlicht heute einige Beispiele. Die Mittel der Investitionsgesellschaft für Entwicklungsländer sollen unter anderem in Investitionsfonds auf den Bahamas gelandet sein, auf Mauritius, den Cayman-Inseln und in Luxemburg. Von dort aus werden dann Projekte in Entwicklungsländern finanziert, unter anderem der Bau eines Luxus-Hotels in Nigeria, eine Klinik für Schönheits-OPs in Tunesien und eine Firma in Lagos, die Frischgetränke an eine Fast-Food-Kette liefert. Insgesamt hat die BIO allein im vergangenen Jahr über 100 Millionen Euro investiert.
Übliche Praxis?
Die Praxis sei durchaus üblich, erklärt Anne Demeuse von der Investitionsgesellschaft BIO im Interview mit RTL. Auch die Weltbank und die Europäische Investitionsbank würden so verfahren. Doch Kritiker meinen: Der BIO geht es in erster Linie um den wirtschaftlichen Ertrag der Projekte und nicht um den Mehrwert in Sachen Entwicklungszusammenarbeit.
Das sieht auch George D’Allemagne so. Der CDH-Abgeordnete ist seit 20 Jahren in der Entwicklungshilfe aktiv. Vor Ort in den Problemländern ist er aber noch nie auf Vertreter der Investitionsgesellschaft BIO gestoßen. Er fordert eine Klarstellung im Parlament. Die Investitionsgesellschaft müsse ihre Geschäftspraxis offenlegen. D’Allemagne findet es äußerst fragwürdig, dass das Geld einen Umweg über Steuerparadiese macht.
Auch der für Entwicklungszusammenarbeit zuständige Minister Paul Magnette hat heute eine lückenlose Aufklärung der Arbeitsweise von BIO gefordert. Belgien ist Hauptaktionär der Investitionsgesellschaft und speist sie mit Mitteln aus der Kasse der Entwicklungszusammenarbeit. Deswegen fordern auch die Grünen eine Untersuchung. PS-Abgeordnete wollen einen Gesetzesvorschlag einreichen, um derartige Investitions-Methoden zu verbieten.
Bild: belga