Zwei Tage nach dem Amoklauf geht in Lüttich die Aufarbeitung des Dramas weiter. Lütticher Bürger legen weiterhin an der Bushaltestelle im Zentrum, wo Menschen von Kugeln und Granatsplittern getroffen wurden, mit Tränen in den Augen Blumen nieder.
Die Zahl der Toten stieg unterdessen auf sechs. Die 75-jährige Frau, die zunächst irrtümlich für tot erklärt worden war, erlag in der Nacht zum Donnerstag ihren Verletzungen. Derzeit werden noch 28 der Verletzten stationär behandelt, fünf von ihnen schweben in Lebensgefahr.
Premierminister Elio Di Rupo versprach, dass alle offenen Fragen politisch aufgearbeitet werden sollen. Heute wird im Parlament eine Debatte stattfinden, bei der die Abgeordneten über die Lehren aus dem Drama beraten werden. Der Premier wird dabei anwesend sein. Im Mittelpunkt dürften die derzeit praktizierte Politik der vorzeitigen Haftentlassungen und die verschärfte Bekämpfung des Waffenschmuggels stehen.
Premierminister Di Rupo hatte sich am Mittwoch ebenso wie Kronprinz Philippe und Prinzessin Mathilde ins Kondolenzbuch der Stadt eingetragen. Di Rupo sagte den Opferangehörigen sein Mitgefühl und seine Unterstützung zu. Prinz Philippe und Prinzessin Mathilde besuchten zudem mehrere Verletzten in Krankenhäusern. Das Kernkabinett beschloss, mit einer nationalen Trauerfeier in Lüttich den Opfern zu gedenken. Das Datum steht allerdings noch nicht fest.
Attentäter untergetaucht
Der Attentäter von Lüttich, Nordine Amrani, hatte sich in der vergangenen Woche zurückgezogen. Wie die Vorgesetzten bei seiner Praktikumsstelle berichten, blieb er seit dem 6. Dezember unentschuldigt fern. Bis dahin sei er jedoch nicht auffällig geworden. Amranis Anwalt erklärte, sein Mandant habe befürchtet, wieder inhaftiert zu werden, nachdem die Polizei ihn wegen eines Sexualdeliktes verdächtigt hatte. Einige Medien spekulieren, dass Amrani die Zeit seit seinem Untertauchen genutzt haben könnte, um die Tat von Lüttich vorzubereiten.
Nordine Amrani war seit mehr als einem Jahr unter Auflagen auf freiem Fuß. Er musste sich ein Mal pro Monat bei der Justiz melden. Eine der Fragen lautet, ob diese Begleitung ausreichte, um die Entwicklung eines freigelassenen Straftäters beurteilen zu können.
Bild: Robin Utrecht (belga)