Streckenweise war es schon starker Tobak. Klar, Prinz Laurent ist - sagen wir mal - kein unbeschriebenes Blatt: Der Mann hat uns ja schon an so manches Fettnäpfchen gewöhnt.
Aber in der RTBF-Reportage gab es sozusagen die volle Packung: 52 Minuten hat der Film gedauert. Davon waren allenfalls die zwei ersten Minuten noch positiv. Was dann folgte, war eine Ansammlung von Seltsamkeiten - und dann plötzlich auch Geschichten, die gar nicht mehr lustig waren.
Was am Ende hängenbleibt, ist, dass sich Prinz Laurent immer mal wieder hart an der Grenze bewegt hat: An der Grenze dessen, was man von einem Mitglied der Königsfamilie erwarten darf - und diese Grenzen hat er mitunter auch ganz klar überschritten.
Der RTBF-Journalist Frédéric Deborsu kannte zunächst nur Gerüchte: Laurent soll handgreiflich geworden sein. Das hatte auch in einem Enthüllungsbuch gestanden. Demnach soll Laurent Anfang der 1990er Jahre zumindest zwei seiner damaligen Lebensgefährtinnen - man muss sagen wie es ist - geschlagen, misshandelt haben. Entsprechende Gerüchte gibt es von Wendy Van Wanten, einem flämischen Filmsternchen. Aber auch eine Frau, mit der er zwischen 1993 und 1995 zusammen war, wird in einem Enthüllungsbuch erwähnt, das in Kürze erscheint. Deborsu hat die Dame kontaktiert; ihr Name ist übrigens Diane de Schaetzen. Und die wollte erst einmal nichts sagen. Dann hat sie sich doch gemeldet, und hat sich den Fragen von Frédéric Deborsu gestellt.
Gewaltiges Frustpotential des Prinzen
Der RTBF-Journalist hat in jedem Fall versucht, das Leben von Prinz Laurent haarfein nachzuzeichnen. Naja, und effektiv: Das Leben eines Prinzen, wie es im Buche steht, das sieht wohl anders aus. Der Mann - um es mal so auszudrücken - trägt ein gewaltiges Frustpotential mit sich herum. Ein Beispiel: Kaum war Laurent auf der Welt, da kriselte es zwischen Albert und Paola, damals noch Prinzenpaar von Lüttich. Beide hatten Affären. Albert lebte gar mit seiner zweiten Familie in Uccle, also mit Sybille de Sélys Longchamps, mit der er eine Tochter hat: Delphine.
Daher waren die Königskinder quasi nur in der Obhut von Zofen und Kammerdienern, sahen ihre Eltern teilweise wochenlang nicht. Laurent hat unglaublich darunter gelitten. Später steckte man ihn in ein Internat in Brügge, von wo er ausbüxte. Das erklärt dann auch womöglich, warum er später quasi ständig rebelliert hat.
Auch auf die Geschwindigkeitsübertretungen geht die Reportage ein. Aber, das ging ja noch viel weiter: Es hat anscheinend Zeiten gegeben, da fuhr Laurent Rennen - nicht nur in Francorchamps, sondern auch quer durch Brüssel. Schon damals ging Albert auf Distanz zu seinem Sohn. Frauen, schnelle Autos, reihenweise Fettnäpfchen: spätestens, nachdem Albert König 1993 geworden war.
Da gibt es noch einen Frustfaktor: 1991 wurde die Thronfolgeregelung geändert: Laurent rutschte damit von Platz 2 auf Platz zwölf. Spätestens da hatte er anscheinend das Gefühl, die ganze Welt habe sich gegen ihn verschworen...
Kongoreise ist Anfangspunkt der Reportage
Laurent war in den Kongo gefahren, ohne das mit der Regierung abzusprechen. Das hatte zu peinlichen diplomatischen Verwerfungen geführt. Und daraufhin hatte der König Laurent ein halbes Jahr quasi am langen Arm verhungern lassen.
Die RTBF-Reportage zeigt auch eine Reihe von Dingen, die nicht ganz koscher sind. Laurent hat etwa eine Villa vor Sizilien gekauft. Er selbst behauptet, hier handele es sich um die Villa einer Firma, an der er beteiligt ist. Die Übrigen 75 Prozent hält aber eine Firma, die anscheinend nur einen Briefkasten in Brüssel besitzt - sieht unglücklich aus. 2007 hat der Prinz sogar vor Gericht aussagen müssen, weil seine Villa in Tervuren mit Geld der Armee renoviert wurde. Er selbst will davon nichts gewusst haben, gab an, er sei quasi mittellos. Da passt besagte Villa in Italien nicht ins Bild.
Außerdem gilt Prinz Laurent als sehr geizig. Einige Zeugen erzählen da wirklich haarsträubende Geschichten: Einmal soll er sich in einem Restaurant in Namür geweigert haben, die Rechnung zu bezahlen, wenn man ihm keinen Rabatt gewähre. Rabatt verlange er sogar schon bei einer Pizza. Und dann eine unglaubliche Szene an einer Eisdiele: Laurent kauft seinen Kindern ein Eis, flaxt dabei herum mit dem OpenVLD-Politiker Herman De Croo. Der will eigentlich bezahlen, Laurent besteht aber darauf, selbst zu zahlen und legt einen Zehner auf den Tresen. Als er sich unbeobachtet fühlt, schnappt er sich aber wieder den Schein und steckt ihn ein. Das Ganze ist gefilmt worden, ist also wirklich so passiert!
Die Zeugen, die in der Reportage auftreten, sind zum größten Teil bekannt: respektable Journalisten, wie die Leitartikler von Le Soir, De Morgen und Het Laatste Nieuws. Deborsu selbst sagt, er habe die Zeugen rausgelassen, die ihm unglaubwürdig erschienen.
Frédéric Deborsu habe auch gar nicht die Absicht gehabt, ein so düsteres Bild zu zeichnen, sagte er am Mittwoch im Anschluss an die Ausstrahlung der Reportage. Ursprünglich sei ihm der Prinz sogar sympathisch gewesen. Dann aber hätten sich die Aussagen gehäuft, die den Prinzen in einem anderen Licht gezeigt haben. Und dann sei die Maske gefallen.
Frédéric Deborsu habe Prinz Laurent mehrmals darum gebeten, Stellung zu nehmen. Prinz Laurent habe sich aber nicht für die Reportage äußern wollen. Die Reportage über Prinz Laurent kann man online auf der Seite der RTBF nachschauen, auf rtbf.be.
Bild: Julien Warnand (belga)
Der Mann ist einfach nur peinlich.