Zur Kritik der Gewerkschaften sagt der designierte Premierminister Elio Di Rupo: "Ich kann sie nachvollziehen." Aber er fügt gleich hinzu: "Wir mussten diese Entscheidungen treffen. Nicht etwa, weil uns das Spaß macht, sondern weil dem Land sonst eine Katastrophe geblüht hätte". Ja, ein hartes Sparpaket, sagt Di Rupo, aber es ist seiner Ansicht nach ausgewogen. Es trifft jeden gleichermaßen.
Stimmt nicht, sagen die Gewerkschaften. Sie finden, die Bevölkerung wird zu stark zur Kasse gebeten und haben deswegen gemeinsam zu einem großen Protest aufgerufen, kommenden Freitag hier in Brüssel.
Dass die Gewerkschaften erreichen, dass die sechs Parteien noch einmal nachverhandeln, scheint unwahrscheinlich. Die Einigung war schließlich kompliziert genug. Und das Abkommen muss man ja als Ganzes sehen. Wenn man eine Maßnahme verändert, könnte das große Ganze aus dem Gleichgewicht geraten - und das kann sich Belgien angesichts der angespannten Lage nicht leisten.
Wouter Beke von der CD&V ist am Montagmorgen im flämischen Rundfunk einen Schritt auf die Gewerkschaften zugegangen. Er sagte, dass man viele Detailfragen noch gemeinsam - im Dialog mit den Sozialpartnern - klären könnte.
N-VA und die Grünen unzufrieden
Kritik am Sparpaket kommt auch von der Opposition. Die flämischen Nationalisten bemängeln, dass das Sparpaket 1) nicht ausgewogen sei und 2) die Reformen nicht weit genug gehen. Laut Bart De Wever treffen die Sparmaßnahmen vor allem die Flamen und deswegen nannte er den Haushaltsentwurf ein Desaster. Das sei das schlechte Sahnehäubchen, das faule Tüpfelchen auf dem ohnehin schon maroden "i".
Auch die Grünen über Kritik, allerdings ein ganz andere als die N-VA. Von Ecolo und Groen! kommt der Vorwurf, das Sparpaket sei nicht ausgewogen und treffe mit aller Härte die Bevölkerung. Auch da wiederholt Di Rupo im BRF-Interview, es war nicht anders möglich: "11,3 Milliarden Euro sparen - so etwas hat es seit Kriegsende nicht gegeben. Es ist hart, aber ausgewogen", so das Fazit von Elio Di Rupo.
Von der EU gab es erst einmal ein vorsichtiges Lob. Die Sanktionen sind damit aber noch nicht vom Tisch, denn die Ankündigung eines Sparpakets reicht nicht aus. Der Haushalt muss noch vom Parlament verabschiedet werden, das will Di Rupo so schnell es geht möglich machen. Und er will persönlich das Gespräch aufsuchen mit der EU, um die Gefahr der Sanktionen noch abzuwenden.
Wann steht die neue Regierung?
Die verhandelnden Parteien sprechen von "mehreren Tagen", bis die neue Regierung steht. Ziel ist aber ganz klar der EU-Gipfel nächste Woche Freitag. Da soll Elio Di Rupo hin und nicht mehr der scheidende Premierminister Yves Leterme. Dafür müssen die sechs Partner allerdings ihr Koalitionsprogramm fertigstellen. Knackpunkt ist da noch das Thema Asyl.
Danach müssen sie sich das Ganze von der Parteibasis absegnen lassen, im Anschluss daran werden die Posten verteilt, die Regierung wird vereidigt und die Vertrauensfrage im Parlament gestellt. Der Zeitplan ist eng, aber es ist möglich. Am Montagnachmittag gehen die Gespräche weiter.
Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)