Nach fast eineinhalb Jahren geht die politische Krise zu Ende: Schon Anfang Dezember soll eine neue Regierung aus Sozialisten, Christdemokraten und Liberalen stehen.
Bei ihren Koalitionsverhandlungen räumten die sechs Parteien am Samstag den letzten Streitpunkt aus dem Weg. Sie einigten sich auf den Haushalt 2012, der Einsparungen von 11,3 Milliarden Euro vorsieht.
König Albert II. beauftragte den designierten Premierminister Elio Di Rupo mit der Regierungsbildung.
Auf die Frage, wann das Land eine Regierung haben werde, sagte Di Rupo am Sonntag: «Ich hoffe, im Lauf der nächsten Woche.» Er benötige noch ein paar Tage, um die letzten offenen Fragen zu klären. Mit der Etat-Einigung sei eine «entscheidende Etappe» geschafft.
Sparen, aber wo?
2012 wird der Rotstift angesetzt, um rund zehn Prozent des Haushalts einzusparen. Niedrigere Ausgaben und neue Steuern sollen dazu beitragen. Zu den Reformen am Arbeitsmarkt gehören die Senkung des Arbeitslosengelds und eine höhere Altersgrenze für den vorgezogenen Ruhestand. Die Steuer auf Aktiengeschäfte steigt, auf hohe Einkommen wird eine Solidaritätsabgabe eingeführt.
Andere Ideen wurden nicht weiter verfolgt. So bleibt die Index-Anpassung der Löhne unangetastet. Auch eine Anhebung der Mehrwertsteuer und eine Steuer auf Flugtickets wurden verworfen.
"Gerecht und vernünftig"
«Dieses Budget ist gerecht und vernünftig», verteidigte der designierte Premier Di Rupo den Beschluss auf einer Pressekonferenz, umringt von den sechs Verhandlungsführern. «Die Schwachen der Gesellschaft, wie Arbeitnehmer, Familien und die Mittelschicht werden geschont.» Der Sparplan gebe ein Signal an die Finanzmärkte, dass Belgien «extrem schwierige» Entscheidungen treffen könne. Der Haushaltsplan werde das Defizit im nächsten Jahr unter die in der EU erlaubten drei Prozent der Wirtschaftsleistung drücken. «2015 erlaubt uns der Plan sogar einen ausgeglichenen Haushalt.»
König Albert II. ließ in einer Stellungnahme des Palastes erklären, er sei über die Einigung erfreut. Der ständige EU-Ratspräsident, Herman Van Rompuy, schrieb auf Twitter: «Das ist der Weg, um Vertrauen wiederherzustellen.»
Nicht glücklich
Heftige Kritik am Sanierungsplan äußerte der Vorsitzende der NV-A, Bart De Wever. Belgien sei das einzige Land, das über Steuern saniere, sagte er. Angesprochen auf die zugunsten des Mittelstands erfolgten Veränderungen beispielsweise in Sachen Dienstleistungsschecks oder Firmenwagen sagte er: "Das ist ein Schritt von der totalen Katastrophe zur Katastrophe". Didier Gosuin von der FDF wunderte sich über den Optimismus der Koalitionsparteien.
Auch Ecolo reagierte inzwischen. Man reguliere Bürger und Arbeitnehmer, um die Märkte zu beruhigen, dabei sollte es umgekehrt sein: Man müsse die Menschen beruhigen und die Märkte regulieren.
Bild: Dirk Waem (belga)