König Albert der Zweite hat den zurückgetretenen Regierungsbildner Elio Di Rupo dazu angehalten, doch noch weiterzumachen. Jetzt hat aber Di Rupo seinerseits um Bedenkzeit gebeten: Er wolle zunächst seine Erfolgschancen ausloten, hieß es.
Dabei haben wir eigentlich keine Zeit mehr. Eine Zeitung drückte es so aus: Alle Zutaten für ein Schreckensszenario sind vereint. Jetzt tickt die Uhr.
Gestern sind die Zinsen für belgische Staatsanleihen durch die Decke geschossen, im Augenblick liegt der Zinssatz bei 5,5 Prozent. Das heißt: Für Belgien wird es immer teurer, Kredite aufzunehmen. Geht der Zinssatz über sechs, dann gilt das fast schon als unbezahlbar, bei sieben Prozent haben wir ein italienisches Szenario.
Trotzdem lässt Elio Di Rupo seinen Rücktritt noch im Raum stehen, um zunächst noch einmal diskrete Sondierungsgespräche, wahrscheinlich vor allem mit den Liberalen, zu führen.
Von Mäusen und Elefanten
Der PS-Spitzenpolitiker Paul Magnette sagte heute Morgen in der RTBF, dass man für dieses Vorgehen Verständnis haben müsse. Klar sollte man nicht zu lange nachdenken. Man könne aber das ganze Theater der letzten Tage nicht einfach so vergessen. Bevor man sich wieder gemeinsam an den Verhandlungstisch setze, müsse gewährleistet sein, dass auch alle Beteiligten den Willen hätten, zu einer Einigung zu gelangen. Das schlimmste Signal wäre es nämlich, wenn sich die sechs Parteien nach ein paar Stunden schon wieder überwerfen würden. Dann lieber vorher mal das Terrain sondieren.
CD&V-Chef Wouter Beke hat heute Morgen in der VRT vor einer allzu langen Unterbrechung gewarnt. Wir müssen aufpassen, so sagte der CD&V-Chef, dass wir hier nicht einen Mäusetanz aufführen und am Ende von Elefanten zertrampelt werden. Die neue Konsultationsphase dürfe auf keinen Fall zu lange dauern. Die Welt warte nicht.
Der Nothaushalt
Die Mannschaft um Yves Leterme hat ihrerseits mit den Vorbereitungen für einen Nothaushalt begonnen. Wie Yves Leterme heute in der RTBF erklärte, mache man das aber nur aus reinen Gründen der Vorsicht. Man habe schon vor einigen Wochen beschlossen, ein Sicherheitsnetz zu spannen. Konkret: Man erarbeitet einen Nothaushalt, der dann jeweils nur für den nächsten Monat gilt. Man spricht hier von den so genannten "provisorischen Zwölfteln".
Das sei auch mit dem Regierungsbildner abgesprochen, sagt Leterme: Ziel sei es immer noch, dass die Verhandlungspartner ein Budget in den Fristen einreichen würden. Die amtierende Regierung sei nur der Hüter der kurzfristigen, vitalen Interessen des Landes.
Der Staatsbon
Leterme ist auch mit einer anderen Geschichte an die Öffentlichkeit gegangen: Er ruft die belgischen Sparer auf, dem Land zu helfen. Es ist so, dass der Staat regelmäßig Obligationen ausgibt, um sich zu finanzieren. In der Praxis: Man investiert in einen Staatsbon, etwa für fünf Jahre. Der Staat hat dann also frisches Geld zur Verfügung. Und nach den fünf Jahren bekommt der Investor sein Geld zurück. Plus Zinsen, versteht sich. Leterme hat jetzt also die Belgier "daran erinnert", dass es diese Möglichkeit gibt.
Hier gehe es natürlich nicht darum, Panik zu schüren. Es sei nur so: Eine neue Staatsanleihe sei ohnehin vorgesehen. Und Belgien biete seinen Bürgern dabei eine Staatsanleihe mit einem Zinssatz von vier Prozent an. Laufzeit: Fünf Jahre. Für den Staat ist das günstiger, weil dieser Zinssatz unter dem an den Finanzmärkten liegt. Und der Bürger bekommt mehr Rendite als auf einem Sparkonto. Also: eine klassische Win-Win-Geschichte.
Für den Staat hat das auch noch einen anderen Vorteil: Je mehr die Bürger selbst sozusagen die Gläubiger eines Landes sind, umso weniger ist dieses Land dem Druck der Finanzmärkte ausgesetzt. Die Staatsanleihe wird ab heute ausgegeben und kann bis zum 4. Dezember gezeichnet werden.
Bild: Benoît Doppagne (belga)
Sehr geehrter Herr Pint,
zu dieser "Staatsbon-Initiative" von Yves Leterme kann man natürlich eine Menge sagen!
Nur kurz:
1. Hilft es dem belgischen Staat nicht weiter, wenn er sich jetzt bei den eigenen Bürgern verschulden will!
2. Wenn er seine Staatsbons als vertrauenswürdig erachtet, dann sollte Yves Leterme den Belgiern vorschlagen, die Staatsbons direkt als legales Zahlungsmittel, parallel zum Euro, zu akzeptieren! Dann bräuchte der belgische Staat überhaupt keine weiteren Schuldzinsen für seine wertvollen Staatsbons zu zahlen - und nicht uninteressant - er bräuchte sie auch nicht durch Amortisation wie bei den Euro-Anleihen - dem Markt dann wieder zu entziehen!