Vor diesem Haushaltsfinale ist der Regierungsbildner zur Zeit damit beschäftigt, die Spannungen zwischen Sozialisten und Liberalen abzubauen und die Sparvorschläge, die auf dem Verhandlungstisch liegen, konsensfähig zu machen.
Von den 11,3 Milliarden Euro, die gefunden werden müssen, sind inzwischen etwas mehr als fünf unter Dach und Fach. Im wesentlichen durch eine Drosselung des jährlichen Anstiegs der Krankenversicherung von vier auf zwei Prozent, durch eine restriktivere Handhabung der Steuervergünstigungen beim System der Fiktivzinsen der Unternehmen, durch die Streichung administrativer Kosten und die Nuklearabgabe von Electabel auf die amortisierten Atomkraftwerke.
Dabei handelt es sich um Maßnahmen, die alle sechs verhandelnden Parteien auf ihrem Wunschzettel hatten.
Kompromissschließung für verbleibende Milliarden
Doch jetzt wird es bedeutend schwieriger, denn für die sechs verbleibenden Milliarden wird man Kompromisse schließen müssen, die auf jeden Fall Abstriche an den Standpunkten der Parteien erforderlich machen. Da wären zum Beispiel die Dienstleistungschecks. Die sollen, einem Vorschlag von Regierungsbildner Elio Di Rupo zufolge, künftig steuerlich nicht mehr absetzbar sein. Desweiteren soll es bei dem System der Laufbahn-Unterbrechung, wie zum Beispiel für einen Elternurlaub, in Zukunft Einschränkungen geben, die Einsparungen ermöglichen.
Ein anderer Vorschlag betrifft die Sparbücher. Bisher ist ein Zinsbetrag von 1.770 Euro pro Jahr steuerfrei. Der darüber hinausgehende Zinsbetrag wird zu 15 Prozent besteuert. Da wird allerdings viel geschummelt, denn viele Leute eröffnen, sobald der steuerfreie Zinsbetrag erreicht ist, bei einer anderen Bank ein zweites oder sogar noch ein drittes Sparbuch, um somit für jedes Sparbuch mit den Zinsen unterhalb der Steuergrenze zu bleiben. Deshalb schlägt Elio Di Rupo vor, dass die Steuer auf Sparbücher künftig direkt von der Bank an den Staat abgeführt wird, und dass der Sparer später über die Steuererklärung den ihm zustehenden steuerfreien Zinsbetrag zurückerhält.
Spannungen zwischen Sozialisten und Liberalen
Und dann gibt es da noch einige Sparmöglichkeiten, bei denen vor allem Sozialisten und Liberale bislang sozusagen diametral entgegengesetzte Standpunkte vertreten. Nehmen wir das Beispiel der Einführung einer Vermögenssteuer. Die Sozialisten sind dafür, die Liberalen dagegen. Ein anderes Beispiel: Die Liberalen möchten die Arbeitslosenunterstützung nach einer gewissen Zeit der Arbeitslosigkeit drastisch reduzieren oder gar ganz streichen. Dabei möchten die Sozialisten auf keinen Fall mitmachen.
Und dann wäre da noch die heftig umstrittene Lohnindexierung, das heißt die in Belgien praktizierte Bindung der Löhne an den Index der Lebenshaltungskosten. Für die Sozialisten und die Gewerkschaften ist sie absolut unantastbar. Die Liberalen wollen die Lohn-Indexierung zwar nicht abschaffen, aber sie zumindest anders handhaben. So könnte man zum Beispiel gewisse teure Produkte, wie die Energiepreise, für die Berechnung der Index-Ziffer nicht mehr berücksichtigen, so dass der Index der Lebenshaltungskosten langsamer steigen würde, und folglich würden auch die Löhne weniger schnell steigen als bisher. Wie gesagt, klafft diesbezüglich ein tiefer Graben zwischen Sozialisten und Liberalen. Jedenfalls wird auch in dieser Frage ein Kompromiss sehr schwierig sein.
Einzelgespräche mit den Parteipräsidenten
Da die Parteien in ihren Standpunkten zurzeit noch so weit voneinander entfernt sind, ist Regierungsbildner Elio Di Rupo zur Zeit damit beschäftigt, das im Prinzip am Freitag beginnende Konklave in Einzelgesprächen mit den verschiedenen Parteipräsidenten vorzubereiten.
Sich jetzt bereits zu Verhandlungen zusammenzusetzen hätte keinen Sinn, weil das, was bisher auf dem Tisch liegt, zu einem Kompromiss noch nicht ausreicht. Ob es bis Freitag konsensfähig wird, das bleibt allerdings abzuwarten.
Archivbild: Eric Lalmand (belga)