In Esneux wurde einer der Täter von dem Überfallenen erschossen, und in Alsemberg schlug der Juwelier seinen Angreifer mit einem Messer in die Flucht.
In beiden Fällen wurde gegen die Überfallenen bislang keine Anklage erhoben. Zunächst muss nämlich geprüft werden, ob sie in legitimer Notwehr gehandelt haben.
In den letzten vier Jahren, betont die Sprecherin der Juweliere, hat sich die Zahl der bewaffneten Überfälle auf Goldwarengeschäfte hierzulande mehr als verdoppelt: Von 20 im Jahre 2007 stieg sie im vergangenen Jahr auf 45. In diesem Jahr hat es deren schon an die 60 gegeben.
So kann es nicht weitergehen
Deshalb fordert der belgische Juwelierverband, dass die Justiz endlich entschiedener gegen die oftmals noch jugendlichen Täter vorgeht. Zurzeit ist es in Belgien so, dass Gefängnisstrafen von unter drei Jahren mangels Platz in den Strafvollzugsanstalten erst gar nicht angetreten werden müssen, was bei den Tätern natürlich das Gefühl der Straflosigkeit begünstigt.
Dies hatte zur Folge, dass viele Ladenbesitzer, insbesondere Juweliere, im Falle eines Überfalls versuchen, sich selbst Recht zu verschaffen, und dazu hat sich so manch einer von ihnen eine Waffe zugelegt. So auch der Juwelier von Esneux, der nach seiner Ankunft an seinem Wohnhaus von zwei jugendlichen Tätern angegriffen wurde. So kam es, wie die Lütticher Staatsanwältin Danielle Reynders erklärt, dass der Juwelier eine Pistole aus der Hosentasche zog und einen der Täter tödlich verletzte.
Juwelier von Esneux weder in Untersuchungshaft noch angeklagt
Der Juwelier von Esneux, Jean-Claude Bens, wurde bisher weder in Untersuchungshaft genommen, noch unter Anklage gestellt, denn er behauptet, in legitimer Notwehr gehandelt zu haben. Wann von einer solchen die Rede sein kann, erklärt die Strafrechtlerin Jo?lle Troeder. Man muss herausfinden, ob der Angreifer für den Überfallenen oder eine Drittperson eine echte Gefahr darstellte.
Der Untersuchungsrichter muss sich in die Situation des Überfalls versetzen und dabei beurteilen, ob das Opfer des Überfalls sich tatsächlich bedroht fühlen konnte und befürchten musste, den Überfall eventuell mit seinem Leben zu bezahlen. Allgemeine Kriterien kann man dafür nicht festlegen.
Nun kann man sich natürlich noch die Frage stellen, ob der Juwelier von Esneux überhaupt eine Waffe haben durfte. Wenn ein Waffenschein vergeben wird, müssen die zuständigen Behörden prüfen, ob die beantragende Person wirklich geltend machen kann, dass sie zum Beispiel aus beruflichen Gründen in Gefahr geraten könnte. So gilt es auch im Fall von Esneux zu klären, ob die Genehmigung zum Besitz einer Waffe ordnungsgemäß erteilt wurde.
Bis diese Fragen geklärt sind, wird der überfallene Juwelier voraussichtlich in Freiheit bleiben, und wenn die Beantwortung der Fragen für ihn spricht, wird man ihm höchstwahrscheinlich tatsächlich legitime Notwehr zuerkennen. Dafür spricht in seinem Falle auch die Tatsache, dass die beiden gerade 19-jährigen Täter für ähnliche Delikte bereits vorbestraft waren.
Bild: Michel Krakowski (belga)