Heute (Montag) ist der 491. Tag nach den Wahlen. Seither wartet das Land auf eine neue Regierung. Auf dem Weg dorthin hat am Montag zwischen den sechs noch verbliebenen Parteien - die Grünen sind bekanntlich nicht mehr dabei - die letzte Verhandlungsetappe begonnen: das sozialwirtschaftliche Kapitel des Regierungsprogramms und insbesondere der Haushalt 2012.
Damit dieser die europäische Norm, das heißt ein Defizit von unter drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes erfüllt, müssen sage und schreibe zehn Milliarden Euro gefunden werden.
Das ist also noch ein ganz dicker Brocken, doch es ist jetzt Eile geboten. Dazu sagte der ausscheidende Premierminister Yves Leterme, die Politik in Brüssel müsse sich der Dringlichkeit der Haushaltsberatungen bewusst und zu mutigen Entscheidungen bereit sein.
Vanackere: Jetzt muss es schnell gehen
Eines ist sicher: Europa wird nicht ewig darauf warten, dass Belgien einen glaubwürdigen Haushalt für das kommende Jahr präsentiert. Einer der das wissen muss, ist der geschäftsführende Außenminister Steven Vanackere, der deshalb mehr denn je zur Eile mahnte.
Ursprünglich sollte unser Land bereits für das europäische Treffen am kommenden Sonntag in Brüssel ein Sparkonzept vorlegen. Es wäre sicherlich ein starkes Signal, wenn Elio Di Rupo und seine Unterhändler diesen Termin noch einhalten könnten.
Ein weiterer Grund, jetzt endlich aufs Tempo zu drücken, das sind die Ratingagenturen. Es besteht nämlich der begründete Verdacht, dass sie drauf und dran sind, die Kreditwürdigkeit Belgiens herabzustufen. Eine Möglichkeit, dies noch zu verhindern besteht darin, jetzt so schnell wie möglich für 2012 einen glaubwürdigen Sparhaushalt vorzulegen.
Schnell und glaubwürdig, das sind die beiden Schlüsselworte zum Haushalt 2012. Ausgangspunkt der Beratungen ist ein Basiskonzept von Regierungsbildner Elio Di Rupo. Darin ist die Rede von der Einführung einer Vermögenssteuer sowie von einer Verringerung der sogenannten Fiktivzinsen für Unternehmen, was im Grunde darauf hinausläuft, gewisse Steuervergünstigungen, die zurzeit noch viele Betriebe in Anspruch nehmen, abzuschaffen.
Verringerung der Ausgaben in der Gesundheitspolitik kommt bestimmt
Was mit Sicherheit auf uns zukommt, das ist eine Verringerung der Ausgaben in der Gesundheitspolitik. Bisher konnten die Ausgaben dafür jährlich um vier Prozent steigen, das wurde aber größtenteils nicht in Anspruch genommen, so dass man dies auf zwei Prozent reduzieren wird.
Ebenfalls zur Debatte steht die Arbeitslosenunterstützung sowie das System der Frühpensionen, wobei in beiden Fällen vor allem die Liberalen auf Einsparungen drängen. Sie möchten, dass das Stempelgeld nach einer gewissen Zeit stark verringert wird. Desgleichen drängen sie darauf, die Möglichkeit der Frührente zu reduzieren, beziehungsweise das Mindestalter dafür auf 62 anzuheben.
CDH: Börsenspekulationen sollen drastisch besteuert werden
Die CDH, die ab Montag durch ihren neuen Präsidenten Benoît Lutgen an Stelle von Joëlle Milquet am Verhandlungstisch vertreten ist, setzt darauf, Börsenspekulationen drastisch zu besteuern sowie den Steuer- und Sozialbetrug einzudämmen.
Es soll allerdings nicht nur zur Kasse gebeten werden. Um Arbeitslose zur Stellensuche anzuhalten, plädiert Lutgen für Mindestlöhne , die deutlich höher liegen als das Arbeitslosengeld. Durch eine Anhebung des Steuerfreibetrags von 6.000 auf gut 9.000 Euro jährlich könnten die unteren Lohnschichten schrittweise um bis zu 300 Euro monatlich mehr verdienen.
Mal sehen was von diesen Vorschlägen am Ende des Haushaltsmarathons noch übrigbleibt. Wenn auch noch diese Aufgabe abgehakt ist, kann endlich die neue Regierung Di Rupo antreten. Wann damit zu rechnen ist, ist schwer zu sagen. Wenn es schnell geht, vielleicht gegen Ende des Monats oder Anfang November. Ansonsten wohl eher Mitte November oder in der zweiten Hälfte des kommenden Monats.
Für Montagabend ist ein Treffen mit dem scheidenden Premierminister Yves Leterme, Haushaltsminister Guy Vanhengel und dem Staatssekretär für Budgetfragen, Melchior Wathelet geplant. Am Dienstagvormittag steht der Haushalt des nächsten Jahres auf der Agenda.
belga/mh - Bild: Dirk Waem (belga)