noch immer bringt - denn das Abkommen über die Spaltung ist erst der erste Schritt bei den Verhandlungen, erst wenn diese erfolgreich abgeschlossen sind, sind wir von dem Kürzel BHV erlöst.
Das Kürzel ist viel belächelt worden. Zu Unrecht. Denn es ist ein Symbol. Und Symbole zielen auf's Gefühl. Wie der Felsendom in Jerusalem. Damit ist schon alles gesagt. Die flämische Seele will eine Sprachgrenze. Dafür wird sie von den einen als bestimmend und kämperisch bewundert, selbst vergleicht sie sich mit den Frankophonen in Québec, andere wiederum sehen diese defensive Haltung als kleinmütig an und wenig selbstbewusst.
Diejenigen wiederum, die wissen, dass man Achtung und Liebe nicht erzwingen kann, wohl aber erringen, wie ein Arno oder ein Daan mit ihren Liedern oder ihrem Auftreten, gibt es auch, doch sie werden überstimmt.
Also ein Symbol. Doch das Kürzel ist mehr als ein Symbol: Dahinter stehen so komplizierte Sachen wie gegensätzliche Rechtsdoktrinen, und so konkrete wie der Anspruch auf ein Gerichtsverfahren in der eigenen Sprache, dies aus dem Blickwinkel der Frankophonen. Als sei es nicht schon heikel genug, war plötzlich eine knallharte zusätzliche Dimension da: Wer sich in der BHV-Frage durchsetzt, hat im Fall der Fälle , im Fall der Spaltung des Landes, Brüssel.
So wie sich das zwischengemeinschaftliche Klima verschlechterte, auch an Arbeitsplätzen, nahm im Süden erst die Vorstellung, dann die Bereitschaft exponentiell zu, in einem Belgien ohne Flandern zu leben, so sehr, dass die Ministerpräsidenten in Namür und Brüssel den neuen alten Staat schon einmal verbal vorwegnahmen, mit der frechen Namensgebung Wallobrux für die französische Gemeinschaft.
Da fragt sich der Beobachter: woher denn jetzt der Sinneswandel? Spaltung von BHV ohne Ausbreitung von Brüssel - und ohne flämisches Einlenken bei der Forderung nach der Umsetzung der Minderheitencharta, zu der sich Belgien verpflichtet hat. Die Antwort deutete Bart De Wever an: Die sechs Gemeinden mit Spracherleichterungen würden sich "verbrüsseln".
Sprachengrenze soll keine Staatsgrenze werden
Charles Michel bestätigte es indirekt am nächsten Morgen für seine Hörer und Wähler: Vorrangiges Ziel sei es , zu verhindern, dass die
Sprachengrenze zu einer späteren Staatsgrenze werde - um vollständig zu sein, hätte er sagen müssen: eine Staatsgrenze zu ungunsten von Wallobrux. Er verwies dabei auf die Stärkung frankophoner Rechte in den besagten sechs Gemeinden. Wozu Sint-Genesius Rode gehört. Das ist zwar nicht der gewünschte Korridor durch den Wald und auch nicht die Ausbreitung Brüssels, und es hätte vor einem internationalen Gerichtshof sicherlich nicht die juristische Schlagkraft des alten Wahlkreises, aber, die Sprachgrenze ist damit nicht ganz hermetisch und darauf kommt's all denen im Süden an, die sich den Plan B offen halten wollen.
De Wever hat übrigens nicht Zeter und Mordio geschrien, wahrscheinlich weil Brüssel ihm ohnehin suspekt ist und ihm keine Albträume bereitet, um an den Begriff anzuknüpfen, den er in seiner Einschätzung des Abkommens verwendet hatte. Eher schon bereitet ihm das GELD für Brüssel Albträume, ohnehin dürfte er sich beim Thema Geld zurück melden. Und das mit der Staatsgrenze dürfte ihn auch nicht so sehr jucken, weiß er doch schon längst, dass seine Neuwähler ein reiches Flandern im Königreich wollen und nicht das Abenteuer "Republik". Wichtig ist ihm das Symbol. Und das kann er ja seinen Wählern präsentieren. Auch wenn er die Trophäe nicht selbst
nach Hause geholt hat. Er sei aber die treibende Kraft gewesen, hatte er sinngemäß hinzugefügt. Der eigentliche Jäger ließ sich heute als neuer stellvertetender OECD-Generalsekretär feiern. Leterme hat sein Ziel verwirklicht: die Spaltung von BHV.
Für die DG wird's jetzt spannend: inwieweit wird sie eigenverantwortlich für die Einnahmen? In Sachen Gemeinschaftssenator hat sich nichts geändert. Und das ist, mit Verlaub, schwach, meine Damen und Herren Unterhändler der acht Parteien: wenn schon eine Länderkammer, dann auch bitte richtig: mit einer repräsentativen Vertretung im Senat, und nicht nur mit einem. Um Kosten zu sparen, könnte es ja das PDG-Präsidium oder der Ausschuss eins sein, in Personalunion, das würde sogar nichts kosten, wahrscheinlich wär's sogar möglich, über die - ein grausliches Wort - "konstitutive Autonomie" .
Archivbild: Siska Gremmelprez (belga)