Seit dem Donnerstagmorgen wird wieder verhandelt. Und das, obwohl es am Mittwoch ordentlich gekracht hat. Mittlerweile der dritte Verhandlungstag und noch immer das eine, ungelöste Problem: BHV.
Die Flamen wollen eine - wie sie sagen - "saubere Spaltung". Die Französischsprachigen fordern im Gegenzug Zugeständnisse. Allen voran die liberale MR. Unverständnis beim flämischen Partner OpenVLD.
Die beiden OpenVLD-Minister der scheidenden Regierung Vincent Van Quickenborne und Guy Vanhengel sind sich einig: Die MR hat ein Problem. Und das heißt Olivier Maingain. Ein einziger Mann aus der Brüsseler Peripherie blockiert die Gespräche, meinen die zwei Minister. Für die MR hingegen ist der Kompromissvorschlag von Regierungsbildner Di Rupo (noch) zu flämisch.
Doch die Kritik an MR und Maingain kommt mittlerweile auch aus dem frankophonen Lager. Der Tenor von PS, CHD und Ecolo: Die FDF muss einsichtiger werden. Auch die anderen Parteien kämpften für die Französischsprachigen. Wer jedoch eine Einigung erzielen wolle, müsse ein Stück weit auf die Gegenseite zugehen.
Di Rupo pendelt zwischen den Lagern
Auch am Donnerstag haben beide Sprachengruppen in der "Rue de la Loi" erneut getrennt voneinander beraten. Regierungsbildner Elio Di Rupo ist den ganzen Tag damit beschäftigt, hin und her zu laufen. Seine Mission: Die Standpunkte von Flamen und Wallonen annähern. Kommentieren wollte den Verlauf der Beratungen heute niemand. Nur Jean-Michel Javaux von Ecolo. Aber nicht vor Mikrophonen und Fernsehkameras, sondern im Internet ... Er sei beeindruckt von der Arbeit der verschiedenen Experten-Teams, schreibt Javaux auf seiner Profilseite im Sozialnetzwerk "Facebook".
Auf der Suche nach einem Ausweg, am Donnerstag ein neuer Vorschlag. Er betrifft die nicht ernannten Bürgermeister in den Brüsseler Randgemeinden - bislang sind es drei. Das sind französischsprachige Politiker, die von einer übergroßen Mehrheit der Bürger in ihren Kommunen gewählt wurden - von der flämischen Aufsichtsbehörde allerdings bis heute nicht anerkannt. Der Grund: Sie haben die flämische Sprachengesetzgebung missachtet und ihren Bürgern die Wahlaufforderung auch auf Französisch geschickt.
Bürgermeister sollen sofort ernannt werden
Nach dem neuen Kompromissvorschlag sollen die Bürgermeister sofort ernannt werden - aber nur pro forma. Bis der Staatsrat eine Entscheidung fällt. Die Flamen würden weiterhin die Aufsicht über die Kommunen ausüben, und die Bürgermeister wären vorerst ernannt, beide Seiten damit theoretisch zufriedengestellt.
Die Wortschöpfer auf beiden Seiten der Sprachgrenze waren übrigens schon kreativ: "bourgmestre supposé" oder "verondersteld burgermeester" also wörtlich übersetzt ein Bürgermeister, von dem man annimmt, dass er Bürgermeister ist. So kompliziert ist der belgische Kompromiss. Der Teufel steckt im Detail. Doch ob das ausreicht, ist fraglich. Schließlich geht es um das Gesamtpaket Staatsreform: also BHV, das Finanzierungsgesetz und die neuen Befugnisse für die Teilstaaten.
Der aktuelle Stand hier in Brüssel lässt sich so zusammenfassen: Eine Einigung gibt es noch nicht. Aber die Unterhändler sind zuversichtlich und glauben noch daran. Das ist doch schon mal etwas …
Bild: Benoit Doppagne (epa)