Es ist und bleibt ein langsamer und mühsamer Prozess - Aber: Inhaltlich kommt man einander näher - zumindest soweit, so hat man den Eindruck, dass nicht miteinander zu verhandeln keine Option mehr ist. Was man jetzt braucht ist genügend Vertrauen, um auf der von allen mehr oder weniger akzeptierten Basis, auch in die Richtung eines Koalitionsabkommens zu steuern.
Vertrauen - damit steht und fällt der Auftrag von Elio Di Rupo als Regierungsbildner. Ein Auftrag, von dem der König den PS Parteichef nicht entbunden hat sondern ihn zum Weitermachen ermutigte. Auch wenn man sich bis Mitte August eine Verschnaufpause gönnen will.
Der Modus Operandi für die Verhandlungen im Anlauf auf einen neue Regierungskoalition ist also abgesprochen. Diskutiert und ausgehandelt werden soll erst einmal ein Paket zur Spaltung von Brüssel-Halle-Vilvoorde und von Übertragungen, zusätzlicher Zuständigkeiten für die Teilstaaten bei gleichzeitiger Ausdehnung deren Steuerautonomie - kurzum verschiedener Aspekte der nächsten Staatreform.
Anschließend soll dann über die Politikgestaltung der nächsten Regierung - also über sozial-wirtschaftliches - verhandelt und für den Koalitionsvertrag geredet werden. Dass man die Spaltung von BHV zusammen mit anderen Themen in ein Paket schnürt, macht für mich Sinn - denn vor allem die französischsprachigen Liberalen - allen voran die FDF von Olivier Maingain, brauchen eine Argumentation für ihre Wähler. Will man denen Zugeständnisse in Form einer Spaltung des Wahlbezirks Brüssel-Halle-Vilvoorde verkaufen, muss man dem etwas entgegenhalten können - etwas, dass die MR gefordert und erreicht hat - beim weiteren Umbau des Bundesstaates in Sachen Zuständigkeite im Beschäftigungsbereich sehr weit zu gehen, etwa.
Es muss ein Geben und Nehmen werden. Gesichtsverlust muss für alle vermieden werden. Das könnte bei einer solchen Verhandlungsweise mit Paketen in denen Institutionelles, BHV und Finanzierungsgesetz parallel diskutiert werden, klappen. Eine Garantie aber gibt es hierfür natürlich nicht. Im Gegensatz zur Tour de France kommen hier bei den anstehenden Verhandlungen die zu einem Koalitionsvertrag und einer neuen Regierung führen sollen, die schwierigen Bergetappen erst noch.
Die zu Ende gehende Woche war eine Woche der Wechselbäder - man denke nur an den Sinneswandel bei den flämischen Christdemokraten. Hatte die CD&V bis vor Kurzem ein Verhandeln, ohne dass die Nationalisten der N-VA mit dabei wären, noch ausgeschlossen - kam in den letzten Tagen die Wende - die CD&V sitzt mit am Verhandlungstisch - selbst wenn auch das mit Vorsicht zu genießen ist - bis zum Abschluss eines Koalitionsvertrags kann noch so einiges passieren. Aber die CD&V hat sich vom Umklammerungsgriff der N-VA gelöst. Jetzt kann die Partei zeigen, ob von dem, dessen sich die alte CVP so rühmte, nämlich von der staatstragenden Partei, etwas übrig ist.
Wenn es jetzt also endlich einen Hoffnungsschimmer gibt, dass Belgien doch noch die Kurve kriegt und man einer neuen Regierung etwas näher kommt, dann komme ich nicht umhin mir noch einmal die Rede des Königs am Vortag des Nationalfeiertages zu vergegenwärtigen. Ein Schlüsselerlebnis diese Woche. Noch nie habe ich das Staatsoberhaupt so aus sich herausgehen sehen. Als hätte Albert II die Last des Protokolls abgeworfen und freier, politischer gesprochen als je zuvor - und das mit Rückendeckung des Premiers - also der, wenn auch scheidenden, Regierung.
Die Rede des Königs kam wie ein Donnerschlag, der vielleicht hier und da zu einem Erwachen führte. Jetzt haben alle erst einmal bis Mitte August Zeit zum Verschnaufen - auch diese Zeitspanne ist zwar nicht ohne Risiko - denn vieles kann bis dahin passieren - doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt! Gehen die acht Parteichefs, die sich jetzt auf Verhandlungsmodalitäten verständigt haben, möglichst diskret durch diese Zeit bis Mitte August - dann wächst auch bei mir wieder die Hoffnung, dass es diesmal klappen könnte mit dem Lösen der Probleme BHV, Staatsreform und Finanzierungsgesetz und dann dem Anlaufen von echten Koalitionsverhandlungen.
Es ist mir nach wie vor sehr schleierhaft, wie überhaupt "Sinn" "gemacht" werden kann!