Alle eineinhalb bis zwei Jahre liefert die OECD eine umfassende Analyse der Volkswirtschaften ihrer über 30 Mitgliedsländer, der Euro-Zone und einiger größerer Drittstaaten. Der neueste Wirtschaftsbericht der OECD für Belgien soll dann auch dazu anspornen, sich nicht auf den Lorbeeren der wirtschaftlich und konjunkturell relativ guten Situation hierzulande auszuruhen.
Denn, auch wenn Belgien die Bankenkrise besser als andere Länder überstanden habe, gelte es unbedingt die Sanierung der Staatsfinanzen voranzubringen. Wegen einer weiterhin hohen Staatsschuld müsste überall im Land mit Ausgabenkürzungen reagiert werden. OECD-Generalsekretär Gurría mahnt dann auch für Belgien ein rasches Handeln im Hinblick auf die Vergreiserung der Bevölkerung und die daraus erwachsenden Kosten bei einer Staatsschuld von 97 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, an.
Die Beurteilung der wirtschaftlichen Situation in Belgien veranlasst die OECD wie gesagt zur Formulierung von Empfehlungen. Die betreffen unter anderem die Bereiche Beschäftigung oder die Eigenverantwortung der Teilstaaten. Was den Arbeitsmarkt angeht, so rät die OECD Belgien mehr für Vermittlung von Jugendlichen und zugewanderten Migranten im erwerbsfähigen Alter in offene Stellen zu tun.
Gleichzeitig müsse der Beschäftigungsgrad deutlich erhöht werden, ältere Arbeitnehmer sollten also länger beschäftigt werden. Äußerst wichtig erscheint der OECD auch, dass Löhne und Gehälter nicht schneller steigen als die Produktivität im Land. Mittelfristig, so OECD-Generalsekretär Gurría, sollten sich die Gewerkschaften mit dem Gedanken anfreunden, von der Lohn-Index-Bindung Abschied zu nehmen.
Andere Empfehlung der OECD - eine Steuerreform
Hier habe Belgien im Bereich der Umweltsteuern Nachholbedarf. Festgestellt hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung nämlich auch, dass die Belgier zu viel Energie verbrauchen. Kein Wunder also, dass die OECD einen sparsameren Umgang damit vorschlägt und Treibhausgasemmissionssteuern andenkt.
Premier Yves Leterme wertete das von der OECD Belgien ausgestellte Zeugnis zu den Leistungen der hiesigen Volkswirtschaft derweil als erfreulich. Der scheidende Regierungschef wies auch darauf hin, dass man bereits Anstrengungen zur Sanierung der Staatsfinanzen und zur Reduzierung der Staatsschuld unternehme.
Gut eine Milliarde Euro werde dieses Jahr wohl eingespart. Mehr als ursprünglich geplant. Damit werde das Defizit im Staatshaushalts wohl zum Jahresende geringer ausfallen als bislang angenommen wurde: 3,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts anstatt 3,6 Prozent, wie bislang von der Regierung angegeben. Das Fazit der OECD für Belgien also: Das Land braucht eine drastische Sanierung der Staatsfinanzen, Verbesserungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt und ein grüneres, nachhaltigeres Wachstum.
Bild: Julien Warnand (belga)