Um den 2003 beschlossenen Atomausstieg zwischen 2015 und 2025 zu vollziehen, so wie das entsprechende Gesetz es vorsieht, braucht es Kraftwerkskapazitäten, um die nicht mehr in AKW produzierten Strommengen dennoch bereitzustellen. Die alternativen Kraftwerkskapazitäten würden aber, nach Angaben der Regulierungsbehörde, 2015 noch nicht zur Verfügung stehen.
Das überrascht nicht wirklich, denn neue große Kraftwerke werden derzeit in Belgien nicht gebaut. So verhält man sich zum Beispiel in Flandern sehr zögerlich, was die Errichtung von Kraftwerkskapazitäten mit Kohlefeuerung angeht. Entsprechende Pläne für ein riesiges Kohlekraftwerk warten auf Umsetzung - damit hat der Regulierer also recht: Die heimische Produktion könnte bei Abschaltung der ersten Reaktorblöcke in Doel und Tihange die dann fehlenden Strommengen nicht produzieren.
Stromeinfuhr
Doch muss man den Atomausstieg dafür tatsächlich aufschieben? Aufgefangen werden könnten fehlende Kapizitäten durch einen erhöhten Import von Strom. Dieser Import wäre ohne weiteres möglich, die Hochspannungsnetze in Europa sind schon seit Jahren miteinander verbunden. Belgien importiert schon länger Strom aus dem Ausland, etwa aus Frankreich, weil der Bedarf und Verbrauch hierzulande stetig gewachsen ist (allerdings ist das dann möglicherweise Strom, der dennoch in Atomkraftwerken produziert wurde).
Einziges Hindernis beim Import von Strom sind die Netzkapazitäten. Hier müsste auch in Belgien investiert werden. Der Transport von Strom ist nämlich ein nicht zu unterschätzender Faktor.
Alternativen
Im Bericht des Regulierers, der übrigens noch gar nicht offiziell veröffentlicht wurde, verweist die Behörde zum einen auf eine ein- bis zweijährige Laufzeitverlängerung der ältesten belgischen Kernreaktoren (die 2015, wenn sie eigentlich abgeschaltet werden sollen, vierzig Jahre alt sein werden), und schlägt längere Laufzeiten auch für konventionelle Kraftwerke im Land vor. Betroffen sind hier Kraftwerke, deren Aus angedacht oder bereits beschlossen ist.
Eines steht aber fest: Da man auf politischer Ebene seit Jahren im Energiebereich ein äußerst wankelmütiges und zögerliches Verhalten an den Tag gelegt hat, was Entwicklung von Alternativen zur Atomkraft angeht, sind auch Investitionen in alternative Energien nicht wirklich in Gang gekommen.
Leider scheint man immer noch der Auffassung zu sein: "Wenn es mit der heimischen Stromproduktion nicht reicht, kaufen wir einfach im Ausland zu" - ohne sich dabei Gedanken über eine erhöhte Unabhängigkeit von anderen Stromproduzenten zu machen und schon früher massiv in erneuerbare Energien wie Wind, Sonne oder Biomasse zu investieren. Oder zum Energiesparen anzuspornen.
Bild: Jorge Dirkx (belga)