Das Problem liegt weniger bei der MR von Parteichef Charles Michel als vielmehr bei der liberalen Splitterpartei FDF mit Olivier Maingain an ihrer Spitze. Der hat sich nämlich öffentlich und sehr dezidiert gegen die N-VA ausgesprochen.
Er beteilige sich nicht an einer Regierungskoalition, die von der N-VA gesteuert werde, hatte Maingain wissen lassen. Die Partei um Bart De Wever bezeichnete Maingain als eine Bedrohung für die Demokratie. Und mit dieser klaren Aussage gegen die N-VA ist Maingain nicht auf der Linie von MR-Parteichef Michel, der gegen eine Koalition mit der N-VA nichts einzuwenden hat.
Wenn der FDF-Vorsitzende in Interviews erklärt, dass die MR gefälligst nicht mit den flämischen Nationalisten zu flirten habe und eine Koalition mit der neu-flämischen Allianz ablehnt, gleichzeitig aber MR-Chef Charles Michel keinen Hehl daraus macht, dass seine Partei durchaus Konvergenzen zum N-VA-Programm im sozial-wirtschaftlichen Bereich erkennt, dann ist das schon Stoff für einen wirklichen Konflikt in den Reihen der französischsprachigen Liberalen.
Feuerprobe für Charles Michel
Charles Michel ist bemüht, seine Autorität in der Partei, zu der ja auch die FDF gehört, zu festigen. Diese Konfrontation mit Maingain und seiner Bewegung hat durchaus den Charakter einer ersten großen Prüfung für Charles Michel in seiner neuen Funktion als MR-Parteichef.
Es ist allerdings sehr unwahrscheinlich, dass Michel eine parteiinterne Krise auslösen wird, solange er nicht weiß, welche konkreten Vorstellungen Regierungsbildner Di Rupo zu Papier bringt und in seinen in spätestens zwei Wochen erwarteten Bericht schreibt.
Auswirkungen auf die Regierungsverhandlungen?
Auf flämischer Seite fragt man sich bei den Äußerungen von Olivier Maingain, ob dessen Bewegung, die FDF, überhaupt noch mit verhandeln will, weil er ja doch auf Konfrontationskurs mit der N-VA gegangen ist. Es ist jedenfalls so, dass sich das Zeitfenster für Verhandlungen etwa über die Zukunft des Wahlbezirks Brüssel-Halle-Vilvoorde nach dem Sommer schließen dürfte.
Da die Kommunalwahlen vom nächsten Jahr dann immer näher rücken, werden die Brüsseler Parteien, und unter ihnen natürlich die FDF, nicht mehr bereit sein, Zugeständnisse zu BHV zu machen. Das deuten die Äußerungen von Maingain jetzt klar an.
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