"Was bereitet ihnen Sorgen?". Diese Frage hat das Meinungsforschungsinstitut GfK insgesamt 13.300 Menschen in 11 Europäischen Ländern gestellt. Unter den Befragten waren auch etwa 1.000 repräsentativ ausgesuchte Belgier.
Und gestellt wurde - wohlgemerkt - eine offene Frage, sprich: Es gab keine vorgegebenen Antworten, die man nur hätte ankreuzen müssen.
"Was bereitet Ihnen Sorgen?" "Die politische Krise in Belgien", haben mehr oder weniger spontan die Mehrheit der Befragten geantwortet.
Konkret, so legte GFK-Sprecher Mark Hofmans in der VRT dar: sechs von zehn Belgiern bereitet die politische Pattsituation, die Regierungskrise Sorgen. In den Jahren zuvor hatten die Belgier eher klassische Problemthemen genannt, wie Arbeitslosigkeit, Kriminalität oder die Einwanderungsthematik prioritär genannt. Doch seien all diese Themen jetzt in den Hintergrund gerückt.
Damit wird also mit dem Klischee aufgeräumt, dass dem gemeinen Belgier die Irrungen und Wirrungen in der Rue de la Loi längst "schnuppe" sind. Nein!, es sei wirklich bemerkenswert, sagt der GFK-Sprecher: Während sozusagen ganz Europa sich Sorgen um den Arbeitsplatz macht, bereitet dem Belgier vor allem die politische Krise Kopfzerbrechen.
Der Belgier geht in Europa damit fast schon als Außerirdischer durch. Konkretes Beispiel, eben das Thema Arbeitslosigkeit: 57 Prozent aller befragten Franzosen sorgen sich um ihren Job, in Deutschland waren es 55 Prozent der Befragten. In Belgien: 12 Prozent. Beim Thema Kriminalität, ein ähnliches Bild: einem von fünf Niederländern bereitet die Problematik Sorgen, in Frankreich gaben ebenfalls rund 20 Prozent der Befragten das als eins ihrer Hauptärgernisse an. In Belgien: neun Prozent.
Selbst das Thema Kaufkraft raubt dem Belgier nicht den Schlaf, trotz der - gerade hierzulande - außerordentlich hohen Inflation. 15 Prozent der befragten Belgier bereiten die hohen Preise Sorgen. In Deutschland sind es mehr als doppelt so viele.
Also: die politische Krise stellt tatsächlich alles andere in den Schatten.
Und das gilt nicht in erster Linie für die Frankophonen. Paradoxerweise sei das Gegenteil richtig, sagt GFK-Sprecher Mark Hofmans. Klar: Immerhin die Hälfte der Wallonen habe angegeben, dass die politische Krise ihnen Sorgen bereitet. In Flandern gelte das aber für zwei von drei Befragten.
Wäre da die Krise nicht, dann wäre der Belgier also quasi der glücklichste Mensch der Welt? Wohl nicht, sagen Politikwissenschaftler. Vielmehr sei es so, dass der Belgier wisse, dass die politische Krise die Mutter aller Probleme ist. Denn: Ohne Regierung kann man ja die anderen Herausforderungen gar nicht in Angriff nehmen. Und noch etwas gibt zu denken: die Glaubwürdigkeit der Politik war noch nie so gering: Nur 13 Prozent der Befragten hat noch Vertrauen in die Politik. Das Kästchen "VIEL Vertrauen" wurde nur von 2,5 Prozent der Flamen angekreuzt, in der Wallonie war es knapp ein Prozent.
Naja, wie meinte in diesem Zusammenhang am Freitag auch schon der Leitartikler von Gazet Van Antwerpen: Politik ist viel zu wichtig, um sie allein Politikern zu überlassen...
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