Die Atomkatastrophe in Fukushima ist längst wieder von den Titelseiten der Zeitungen verschwunden. Vergessen ist die Havarie in dem japanischen Atomkraftwerk dafür aber nicht. In der EU wird derzeit heftig über die angekündigten Stresstests für Atomkraftwerke gestritten.
Der zuständige EU-Energie-Kommissar Günther Oettinger versucht heute in Prag, doch noch eine Einigung mit den 27 EU-Staaten zu erzielen. Dabei stellt sich schon jetzt auch die Frage nach der Sicherheit der belgischen AKW.
Man streitet darüber, welche Kriterien bei den Tests berücksichtigt werden sollen. Frankreich und Großbritannien wollen sich darauf beschränken, die Kernkraftwerke nur auf Erdbebensicherheit oder Naturkatastrophen zu testen. Die EU-Kommission und die meisten anderen EU-Staaten sind hingegen der Ansicht, dass der Faktor Mensch nicht ausgeklammert werden darf.
Das heißt: Man sollte auch überprüfen, ob die Sicherheit der AKW auch noch gewährleistet ist etwa bei einem Bedienungsfehler, einem Hackerangriff, einem Terroranschlag oder einem Flugzeugabsturz.
Ergebnisse veröffentlichen?
Die EU-Kommission verlangt, dass die Ergebnisse der besagten Stresstests veröffentlicht werden. Frankreich und Großbritannien lehnen das strikt ab. Beide verweisen auf die innere Sicherheit, nach dem Motto: Man wird doch nicht der Welt und insbesondere Terroristen auf die Nase binden, welche AKW möglicherweise unsicher wären, sich also für einen Anschlag besonders eignen.
Die EU kann die Länder nicht dazu zwingen, Atomkraftwerke abzuschalten. Das können nur die Länder selbst. Und hier wäre öffentlicher Druck natürlich wichtig: Wenn die Bürger wissen, wie sicher oder "unsicher" ein Kraftwerk ist, umso lauter wäre dann auch die Forderung, das AKW vom Netz zu nehmen.
Beobachter glauben jedenfalls, dass vor allem die alten Reaktoren durchfallen, wenn die Latte zu hoch angesetzt wird. Je nach dem, wie streng die Tests ausfallen, müsste wohl ein Großteil der insgesamt knapp 200 Reaktoren in der EU abgeschaltet werden.
Die Situation in Belgien
In Belgien gilt das Augenmerk besonders den Blöcken Doel 1 und Doel 2 sowie dem Block "Tihange 1" in Huy. Diese drei Reaktoren sind gebaut worden Anfang der Siebziger Jahre. Ans Netz gingen sie so um 1975. Hier hat man vor allem Bedenken, was die Sicherheit nach einem Flugzeugabsturz angeht.
Zuständig für die Stresstests ist in Belgien die Agentur für Nuklearkontrolle. Und die hat jetzt Stresstests konzipiert, denen die belgischen Reaktoren unterzogen werden sollen. Im derzeitigen belgischen Stresstest ist der Faktor Mensch berücksichtigt, also auch etwa ein Flugzeugabsturz.
Und Experten sind sich einig: Die ältesten Meiler, also Doel 1, Doel 2 und Tihange 1 würden einer solchen Katastrophe wohl nicht standhalten. In der Zeitung "De Standaard" heißt es sogar: Doel 1 und Doel 2 würden schon mit dem Absturz eines Sportflugzeugs nicht fertig, geschweige denn mit dem eines Jumbo-Jets.
Aufruhr
Am Mittwoch hat es im belgischen Parlament einen mittleren Aufruhr gegeben. Der Grund: Kein Mensch - zumindest kein Parlamentarier - wusste davon, dass die Agentur für Nuklearkontrolle schon einen Entwurf fertig hatte und den auch schon an Electrabel geschickt hatte. Hier werde das Parlament kurzgeschlossen, tobten einige Parlamentarier.
Nach Informationen von "De Standaard" hat sich die zuständige Innenministerin Annemie Turtelboom auch schon schriftlich von der Agentur für Nuklearkontrolle distanziert: Bei dem Vorschlag über die belgischen Stresstests handele es sich um eine autonome Initiative der Agentur. Die Regierung behalte sich das Recht vor, Abänderungen vorzunehmen.
vrt/est - Archivbild: Herwig Vergult (belga)
Sollten die belgischen ältesten Reaktoren abgeschaltet werden, werden unsere Politiker meiner Ansicht nach den Atomstrom aus Frankreich aufkaufen ohne mehr erneuerbare Energie zu beziehen. Dafür hat die französische Firma Suez ihre Finger bereits zu tief in unseren Wurzeln.
Denn wäre es anders, dann wäre es wesentlich leichter regenerative Energiequellen zu errichten. Oder woher soll der zukünftige Strom kommen, wenn nicht Atomstrom?
Was die Veröffentlichung der jeweiligen Stresstests betrifft. Natürlich müssen diese Veröffentlich werden, nur wer etwas zu verschweigen hat, möchte es gerne verbergen.