Dass der Rohölpreis an einem Tag um fast 10 Prozent nachgab, hat mehr als einen Grund. Der wichtigste aber sind die wachsenden Zweifel, dass sich das jüngst abzeichnende Wachstum von Dauer sein wird.
Einen Dämpfer gab es bereits in den USA, wo die letzten Wirtschaftsdaten eher schwach ausfallen. Doch selbst in der Volksrepublik China, wo die Bäume bisher in den Himmel zu wachsen schienen, ist der Konjunkturmotor erheblich ins Stottern geraten.
Und ein gebremstes Wachstum bedeutet zwangsläufig eine geringere Nachfrage nach Rohöl, und schon gehen die Preise in den Keller. Dies umso mehr als man in jüngster Zeit beim Rohöl massiv auf Wachstum spekuliert hatte. Wenn jetzt das Gegenteil der wirtschaftlichen Erwartungen eintrifft, platzt die Spekulationsblase und dem Ölpreis geht die Luft aus.
Was jedoch uns alle als Verbraucher viel mehr als die Hintergründe dieses Preisverfalls interessiert, ist die Frage, ob jetzt auch der Benzin- und Heizölpreis um 10 Prozent herabgesetzt wird.
Schön wär’s, aber ganz so einfach ist das nicht. Die Preise folgen nicht unverzüglich den Schwankungen des Rohölpreises, denn der Preis, den der Verbraucher zahlt, wird auf der Grundlage nicht des Rohöls, sondern der verarbeiteten Produkte, also Benzin, Diesel, LPG und so weiter festgelegt, so erklärt der Generalsekretär des Belgischen Erdölverbandes, Jean-Louis Nizet.
Allerdings spielt bei der Bestimmung des Verbraucherpreises noch ein zweiter Faktor eine Rolle. Und zwar die Entwicklung des Rohölpreises, nicht an einem einzigen Tag sondern über einen Zeitraum von sieben Tagen. Dies wurde seinerzeit vom Wirtschaftsministerium so festgelegt, um zu vermeiden, dass der Preis mitunter täglich angepasst werden muss, so erläutert Jean -Louis Nizet.
Allerdings sind die Aussichten gut, dass der Preisrückgang beim Rohöl auch das Portemonnnaie der Konsumenten erreicht. Bereits am Donnerstag, so Jean-Louis Nizet, sind Diesel und Heizöl deutlich billiger geworden, und, wenn das Barril in den nächsten Tagen nicht wieder teurer wird, dürfte sich das nächste Woche an der Tankstelle angenehm bemerkbar machen.
Trotzdem muss eines klar sein: Vom vollen Umfang einer Preisbaisse beim Rohöl wird der Verbraucher nie profitieren. Der Preis an der Tankstelle schwankt nie so stark wie der Rohölpreis, weil der dort gezahlte Betrag pro Liter nur 35 Prozent des Rohölpreises ausmacht, der Rest sind Steuern und Akzisen. Wenn also am Samstag zum Beispiel das Rohöl 50 Prozent billiger würde, dann würde der Autofahrer beim Tanken nur etwa 20 Prozent weniger zahlen.
Günstiger sieht es beim Heizöl aus. Weil darauf die Steuern viel geringer sind, macht sich hier eine Verringerung des Rohölpreises für den Verbraucher stärker bemerkbar als bei Diesel und Benzin.
Archivbild: Frank Leonhardt (epa)