Und gerade Belgien, insbesondere die zahlreichen internationalen Organisationen auf belgischem Boden, stehen wohl ganz oben auf der Liste der potentiellen Ziele.
Man sei zwar mehr denn je wachsam, hieß es von den zuständigen Stellen. Die Terrorwarnstufe bleibe aber zunächst unverändert.
Belgien bleibt wachsam, aber es gibt keinen Grund zur Panik. So könnte man wohl die Botschaft zusammenfassen.
Klar hat Al Kaida mit Osama Bin Laden buchstäblich den Kopf verloren. Doch war Al Kaida nie eine strukturierte Organisation. Vielmehr handelte es sich um eine Ideologie, auf die sich dann lokal organisierte Terrorgruppen beriefen.
Nichts anderes sagte auch die amtierende Innenministerin Annemie Turtelboom in der VRT. Al Kaida sei quasi so aufgebaut wie ein Multinational, mit vielen Zweigstellen. Und eine Reihe dieser Abteilungen sei geographisch wie strukturell weit vom Al-Kaida-Stammland entfernt, also vor Afghanistan und damit auch Bin Laden. Und jetzt müsse man eben abwarten, wie diese lokalen Al-Kaida-Zellen reagieren.
Auch der Anti-Terrorbeauftragte der EU, der Belgier Gilles de Kerchove, mahnt zur Vorsicht. Kurzfristig sei nicht auszuschließen, dass lokale Gruppen oder möglicherweise sogar Einzelpersonen Aktionen planen, um den Tod ihres geistigen Führers zu rächen. Ein solches Szenario wäre bestimmt plausibel. Die zuständigen Geheim- und Sicherheitsdienste seien jedenfalls europaweit wachsamer denn je.
Momentan kein Anlass, die Terrorwarnstufe anzuheben
Für die Beurteilung der Sicherheitslage ist in Belgien die so genannte OCAM zuständig, die Koordinationsstelle für die Analyse der Terrorbedrohung. Deren Direktor, André Vandoren, sieht aber im Augenblick keinen Anlass dafür, die Terrorwarnstufe heraufzusetzen. Einzig die amerikanischen Interessen in Belgien kämen jetzt in den Genuss verschärfter Sicherheitsvorkehrungen.
Selbstredend sei ab jetzt erhöhte Wachsamkeit geboten, unterstreicht Vandoren. Und das bedeutet natürlich auch, dass die Bedrohungslage ständig neu bewertet wird - je nach Informationslage. Und wenn es neue Hinweise gebe, dann könne die Terrorwarnstufe natürlich jederzeit angepasst werden, sagte auch Verteidigungsminister Pieter De Crem in der RTBF. Kooperation, so laute hier das Zauberwort. Die zuständigen Dienste innerhalb Belgiens arbeiteten eng zusammen, sagt De Crem. Dann sei man ja auch international vernetzt.
Auf einer Skala von 1 bis 4 bleibt es also derzeit bei Terrorwarnstufe 2. Für die amerikanischen Interessen auf belgischem Boden gilt Stufe 3. Dass es auf belgischem Boden gleich eine ganze Reihe von potentiellen Anschlagszielen gibt, daran muss man die Verantwortlichen natürlich nicht mehr erinnern. Man denke da nur an die Symbole der EU oder die Hauptquartiere von NATO und SHAPE.
Hinzu kämen aber auch noch die jüngsten internationalen Entwicklungen, mahnt OCAM-Direktor André Vandoren - etwa der Anschlag auf ein beliebtes Café in Marrakesch oder die Verhaftung von Terrorverdächtigen in Deutschland. Das seien mit Sicherheit noch Gründe mehr, wachsam zu sein und zu bleiben.
Auch für belgische Soldaten in Afghanistan ist Wachsamkeit geboten
Wachsamkeit: das gilt auch für die 626 belgischen Soldaten in Afghanistan. Zwar lägen auch hier keine konkreten Warnungen vor, sagte Verteidigungsminister Pieter De Crem. Doch müsse man selbstverständlich mit neuen Spannungen rechnen. Schließlich sei Bin Laden in Pakistan zu Tode gekommen, also in einem unmittelbaren Nachbarland. Die Belgier seien jedenfalls vorbereitet. In Zusammenarbeit mit der ISAF-Schutztruppe werde die Situation ständig neu beurteilt.
Keine Panik, also, sagte De Crem in der RTBF. Wobei Reaktionen auf den Tod von Bin Laden natürlich nicht auszuschließen seien. Belgien verfüge da über diverse Informationskanäle, man sei bereit, auf eventuelle Bedrohungen zu reagieren. Doch müsse man auch unterstreichen: Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht, eben nur: extreme Wachsamkeit.
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