VT4 hat gerade durch das spektakuläre Interview mit dem ehemaligen Brügger Bischof Roger Vangheluwe Schlagzeilen gemacht. Aber bislang belief sich der Marktanteil beider Sender auf gerade einmal gute zehn Prozent. Gezeigt wurden in der Regel Wiederholungen von ausgefransten amerikanischen Serien und zweitklassige Spielshows.
VT4 und VIJFtv gehörten bislang der deutschen Mediengruppe Pro7/SAT1. Im Dezember bot die Gruppe beide Sender zum Verkauf an. Es gab eine ganze Reihe von Übernahmekandidaten (bis zuletzt hat noch RTL mitgeboten), den Zuschlag bekommen hat dann am Ende die flämische Mediengruppe De Vijver - ein "Big Player" der Medienlandschaft.
Erfolgsgarant Woestijnvis
Die wichtigsten Beteiligten sind: die Corelio-Gruppe (Herausgeber von De Standaard, Het Nieuwsblad und der wallonischen Regionalzeitung L'Avenir) und die finnische Sanoma-Gruppe (Marktführer auf dem belgischen Zeitschriftenmarkt mit unter anderem der Frauenzeitschrift Flair oder dem Programmheft Moustique). Zudem kontrolliert die Mediengruppe De Vijver die bekannte flämische Wochenzeitschrift HUMO und die Produktionsfirma Woestijnvis.
Sendungen, die in den letzten Jahren die mit Abstand besten Quoten in Flandern erzielten, wurden zum größten Teil von Woestijnvis produziert - etwa die Quiz-Show "De slimste Mens Ter Wereld" (gilt als "Geburtsstunde" der enormen Popularität von Bart De Wever: Nachdem er dort einmal aufgetreten war und durch Humor und große Allgemeinbildung geglänzt hatte, ging es für ihn nur noch bergauf). Einige Formate hat Woestijnvis sogar ins Ausland verkauft.
Nahezu alles, was in den letzten Jahren an qualitativ guten und zugleich unterhaltsamen Fernsehprogrammen in Flandern produziert wurde, kam aus der Woestijnvis-Werkstatt. Und genau deshalb ist die Übernahme der beiden Fernsehsender VT4 und VijfTV durch eine Gruppe um Woestijnvis auch ein Ereignis - bislang hat Woestijnvis nämlich ausschließlich und exklusiv für die öffentlich-rechtliche VRT produziert. Und jetzt werden also aus Partnern Konkurrenten.
VRT und VTM müssen Bauchschmerzen haben
Der öffentlich-rechtlichen VRT geht damit der Erfolgsgarant verloren. Wenn man sich vielleicht auch nicht von allen Woestijnvis-Formaten verabschieden muss, Fakt ist, dass die VRT jetzt nach neuen kreativen Köpfen suchen muss. VTM muss fürchten, dass da es da bald einen wirklichen Konkurrenten am Werbemarkt gibt - und wohl mit Einbußen rechnen.
Die Kommentatoren in den Zeitungen sind sich jedenfalls einig: Das ist die größte Umwälzung in der flämischen Medienlandschaft, seit VTM im Jahr 1989 angefangen hat, die ersten Sendungen auszustrahlen.
Die Gruppe "De Vijver" hat über 1,2 Milliarden Euro für VT4 und VijfTV auf den Tisch gelegt. Und so mancher Analyst glaubt, dass das zu teuer war. Außerdem stellt sich die Frage, ob in Flandern wirklich Platz für drei große Fernsehanbieter ist und nicht am Ende für jeden zu wenig Geld herausspringt, um wirklich gutes Fernsehen zu machen.
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