14 Prozent mehr Antidepressiva-Dosen in fünf Jahren ist eine Menge. Aber der Psychiatrieprofessor Stephan Claes von der Uni Löwen gibt Entwarnung. Er sagt am Dienstag in der Zeitung Het Laatste Nieuws, der Anstieg bedeute nicht, dass die Zahl der Depressionen oder schweren Angststörungen in diesem Zeitraum so stark zugenommen hätte.
Claes sieht den Grund darin, dass immer mehr Menschen Antidepressiva gegen stressbedingte Erkrankungen wie Burn-out und chronische Schmerzen erhalten. Diese Menschen suchen ihren Hausarzt auf, weil sie emotional weniger stabil sind, schlecht schlafen oder unter Schmerzen leiden und Ärzte finden manchmal keine bessere Lösung, als Antidepressiva zu verschreiben - obwohl Antidepressiva nicht für diese Patienten gemacht sind.
Eigentlich müsse man das Problem dieser Patienten an der Wurzel packen. Das heißt, die Lebensumstände anpassen, begleitet durch eine Therapie und nicht durch Medikamente.
Auffällige Gruppen
Bei denjenigen, die Antidepressiva nehmen, gibt es Gruppen, die auffallen. Frauen nehmen doppelt so häufig Antidepressiva wie Männer. Sie leiden laut Claes einerseits häufiger an Depressionen und Angstzuständen und suchen sich andererseits eher Hilfe als Männer.
Auch älteren Menschen über 65 werden häufig Antidepressiva verschrieben. Fast jeder Fünfte hat schon einmal eine Packung mit nach Hause genommen. Aber auch bei jungen Menschen nehmen Burn-outs und psychische Probleme stark zu. In dieser Gruppe steigt der Konsum von Antidepressiva ebenfalls.
Mehr Therapieplätze
Auch der Psychiater Stephan Claes fordert mehr Mittel für psychische Gesundheitsversorgung. Dass Gesundheitsminister Vandenbroucke 200 Millionen Euro in die Erstversorgung durch Psychologen investiert, hält er für eine gute Idee, aber auch nur einen Tropfen auf den heißen Stein. Es gibt immer noch endlose Wartelisten bei Psychologen.
Daher appelliert Claes an uns alle. Jeder einzelne sollte über seinen Lebensstil nachdenken. Vielleicht ein Vorsatz für das nächste Jahr.
hln/okr