Es ist gar nicht so einfach, Informationen über Menschenrechte zu finden, zumindest wenn man auf der Suche nach einer möglichst kompletten Liste ist. Aber eine gute erste Anlaufstelle ist die Webseite des Föderalen Instituts für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte (IFDH-FIRM). Hier bekommt man zumindest die wichtigsten Meilensteine präsentiert: die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen, die Europäische Menschenrechtskonvention, die Europäische Sozialcharta, die Charta der Grundrechte der Europäischen Union und natürlich auch die belgische Verfassung.
Aber wie ist es in der Bevölkerung um das Wissen um diese Rechte bestellt? Die gute Nachricht: Im Allgemeinen kennen die Belgier ihre Rechte ziemlich gut, bestätigt Martien Schotsmans, die Direktorin des IFDH, im Interview mit der RTBF. Im Schnitt wüssten 62 Prozent der Belgier etwas anzufangen mit den Begriffen Menschenrechte und Grundrechte.
Das bedeute allerdings nicht automatisch, dass all diese Menschen auch wüssten, wie sie diese Rechte in Anspruch nehmen könnten, unterstreicht die Direktorin. Deswegen sei es auch wichtig, die Bevölkerung zu sensibilisieren, damit die Menschen besser verstünden, was die Rechte im Alltag konkret bedeuten.
Sorge um Grundrechte
Es kommt aber natürlich auch darauf an, über welche spezifischen Rechte wir sprechen, manche sind bekannter als andere. Das Recht auf Privatsphäre kennen 85 Prozent der Befragten, auch das Recht auf freie Meinungsäußerung. Diese beiden Menschenrechte sind also am besten verankert im kollektiven Bewusstsein.
Die Umfrage zeigt aber auch sehr deutlich, dass längst nicht alle Belgier ihre Grundrechte als gegeben betrachten: Ein Viertel der Befragten gibt an, besorgt oder sehr besorgt zu sein über die Wahrung ihrer Rechte. 16 Prozent glauben sogar, dass ihre Rechte stark oder sehr stark eingeschränkt sind.
Sorge um Lebensstandard
Dabei sticht vor allem ein Bereich heraus: Mehr als vier von zehn Belgiern machen sich nämlich Sorgen um einen angemessenen Lebensstandard, die Qualität ihres Lebens und die damit verbundenen Grundrechte. Dazu gehören das Recht auf medizinische Versorgung, auf eine Wohnung, auf eine gesunde Umgebung und vieles mehr.
Noch ein Schwerpunkt sind die sozialen Grundrechte. Kein Wunder, gerade im aktuellen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kontext, sagt Schotsmans. Im Augenblick werde ja sehr viel gesprochen über Dinge wie Haushaltsdisziplin, von Einsparungen bei den Renten, vom Zugang zur Gesundheitsversorgung, dem Umgang mit den Langzeitkranken oder der Reform des Arbeitslosengeldes. Es sei also nicht schwierig, sich vorzustellen, dass das die Menschen beunruhige.
Viele Bürger machten sich einfach Gedanken, wie sie sicherstellen könnten, dass sie ein Dach über dem Kopf hätten und genug und gesunde Nahrung. Oder auch darüber, ob sie sich in Zukunft benötigte Medikamente noch leisten könnten, sagt Schotsmans.
Nicht weit hinter dem Recht auf ein angemessenes Leben sind aber auch viele Befragte besorgt über das Recht auf eine gesunde Umgebung und das Recht auf Privatsphäre. Hier sei noch sehr viel Luft nach oben.
Und auch die Einschränkung des Rechts zu streiken und zu demonstrieren treibe die Menschen um. Zur Sprache kam auch, dass Belgien Gerichtsurteile nicht immer umsetze.
Boris Schmidt