Manche tun es aus gesundheitlichen Gründen, zum Beispiel, weil sie schon mal ein Suchtproblem hatten. Manche können den Kontrollverlust nicht leiden, der oft mit Alkoholkonsum einhergeht. Und für wieder andere ist es eine Frage der persönlichen Philosophie. Es gibt sogar schon regelrechte "Sober Partys", also frei übersetzt "Nüchtern-Partys", bei denen schlicht keine alkoholischen Getränke ausgeschenkt werden.
Aber egal wie und warum: Fest steht jedenfalls, dass alkoholfreie Getränke, oder korrekter ausgedrückt, alkoholfreie Versionen von normalerweise alkoholhaltigen Getränke, immer populärer werden. Das sieht man an den Absatzzahlen der Getränkehersteller. Die größten Umsatzsteigerungen verzeichnen Brauereien seit Jahren mit Bieren mit wenig oder gar keinem Alkohol.
Aber Achtung: Nicht alles, was als alkoholfrei verkauft wird, ist es auch wirklich, wie Experte Alexander De Beck im Interview mit Radio 2 erklärt: "In Belgien und vielen Ländern Europas dürfen Getränke, die bis zu 0,5 Prozent Alkohol enthalten, als "alkoholfrei" verkauft werden. Aber bei unseren niederländischen Nachbarn liegt die Grenze deutlich niedriger, nämlich bei 0,1 Prozent. In Spanien, Frankreich und Italien sind hingegen sogar ein oder 1,2 Prozent Alkoholgehalt erlaubt."
Das kann sich auch durchaus geschmacklich niederschlagen, so De Beck, der auch Sommelier ist: "Heutzutage könnten Biere direkt so gebraut werden, dass sie nur sehr wenig Alkohol enthalten, zum Beispiel 0,3 Prozent. Das sind dann keine "normalen" Biere, denen nach dem Brauen der Alkohol erst entzogen werden muss." Und diese alkoholarm gebrauten Biere schmeckten einfach besser als Biere, die wirklich gar keinen Alkohol enthielten, so der Experte.
Das illustriert auch ein Dilemma, das andere Hersteller alkoholfreier Getränke haben: Alkohol spielt einfach eine nicht zu unterschätzende Rolle für den Geschmack. Entfernt man den Alkohol ganz oder zumindest großteils aus der Gleichung, dann muss das durch andere Zutaten kompensiert werden. Das wird zum Beispiel von den Herstellern alkoholfreier Spirituosen als Begründung angeführt, warum die alkoholfreie Variante genauso viel, wenn nicht sogar mehr kosten kann als die Originalversion mit Alkohol.
"Junge" Herstellungsprozesse
Aber das ist nicht der einzige Grund: Alkoholhaltige Getränke begleiten die Menschheit seit vielen tausend Jahren. Eine sehr lange Zeit, in der viel experimentiert, geforscht und optimiert worden ist. Getränke alkoholfrei zu machen sei hingegen im Vergleich dazu noch eine sehr junge Technik, gerade mal etwa hundert Jahre alt. Und bei Spirituosen noch mal viel weniger, circa zehn Jahre. Dieses verhältnismäßig geringe Alter bedeute, dass die Herstellungsprozesse noch sehr teuer seien. Und dass die Entwicklungskosten erst einmal wieder hereingeholt werden müssten – wofür natürlich die Kunden zur Kasse gebeten werden.
Dann kommt es aber natürlich auch auf den jeweiligen Herstellungsprozess an, zum Beispiel bei alkoholfreiem Wein. Die Hersteller dieser Produkte müssten erst alkoholhaltigen Wein kaufen und auch die entsprechenden Steuern dafür entrichten. Dann werde der Alkohol entfernt und das fertige Produkte müsse dann wieder neu abgefüllt werden. Also ein zwei Mal so aufwändiger, viel teurerer Prozess als bei normalem Wein.
Die Menge macht's
Und dann spielt natürlich auch noch die Menge eine sehr wichtige Rolle. Jeder Hobby-Wirtschaftswissenschaftler weiß, dass der Stückpreis geringer ist, je mehr von einem Produkt hergestellt und verkauft werden kann. Und umgekehrt gilt: Je kleinformatiger die Produktion, desto teurer.
Die gute Nachricht ist also, dass wir wohl davon ausgehen können, dass alkoholfrei genießen günstiger werden wird – zumindest wenn sich der Trend fortsetzt und der Absatz dieser Getränke weiter steigt.
Boris Schmidt