Anlass für die Diskussion soll der Mord an der 17-jährigen Lisa in den Niederlanden vor rund drei Wochen sein. Die Schülerin war damals auf dem Weg nach Hause auf ihrem Fahrrad mutmaßlich von einem fremden Mann angegriffen und erstochen worden. Dieser Mord hatte für große Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit gesorgt - auch über Landesgrenzen hinweg.
Bei Föderalminister Rob Beenders hat das dazu geführt, dass er sich Gedanken darüber macht, wie die Sicherheit von Frauen im öffentlichen Raum vergrößert werden kann. Eine der Ideen dabei: Pfefferspray in Belgien zu legalisieren.
"Ich möchte überprüfen", sagte der Minister am Mittwochabend im Fernsehen der VRT, "ob Pfefferspray eine Möglichkeit sein kann, um Frauen ein Gefühl für mehr Sicherheit zu geben- wohl wissend, dass nicht allein Pfefferspray die Lösung für dieses Problem ist."
Pfefferspray wird in Belgien als Waffe behandelt, und deshalb ist der Besitz von Pfefferspray in Belgien zurzeit auch nicht erlaubt. Das müsste sich also ändern. Aber damit würden auch viele Fragen aufgeworfen. Denn wenn Pfefferspray legal verkauft und mit sich getragen werden darf, wäre es kaum möglich, diese Erlaubnis nur für Frauen einzuführen. Auch Männer und generell potenzielle Angreifer auf Frauen könnten sich den Spray besorgen.
Auch dessen Einsatz ist nicht so harmlos, wie das in der Öffentlichkeit vielleicht oft den Eindruck macht. Wie man richtig mit Pfefferspray umgeht, wird bei der Polizei zum Beispiel extra gelernt. Abhängig davon, wie eine Person den Spray ins Gesicht einer anderen Person sprüht, kann das durchaus auch zu schwerwiegenden gesundheitlichen Schäden führen.
"Man darf den Einsatz von Pfefferspray nicht banalisieren. Ich bearbeite Fälle, bei denen Menschen Pfefferspray eingesetzt haben und dieser Spray großen Schaden an den Augen der Opfer verursacht hat", sagte Strafanwalt Laurent Kennes bei der RTBF. Pfefferspray bleibt letztlich eine Art Waffe, etwas Gefährliches. Bei weiter Verbreitung kann er in die Hände von Kindern kommen. Angreifer können Frauen den Pfefferspray auch entwenden - und dann gegen sie einsetzen.
Auf der anderen Seite gibt es aber auch Länder, in denen es Pfefferspray schon heute ganz legal zu kaufen gibt. In der EU sind das zum Beispiel Spanien, Tschechien und Polen, und auch in Deutschland kann man den Spray durchaus in Geschäften finden. Dänemark hatte den Verkauf von Pfefferspray 2019 legalisiert, aber ein Jahr später das Gesetz wieder zurückgenommen. Zwar hatten sich immerhin neun Frauen in dieser Zeit dank Pfefferspray gegen Angreifer erfolgreich wehren können. Aber auch die Zahl der illegalen Einsätze von Pfefferspray hatte sich in dem einen Jahr auf über 1.600 verdoppelt. So berichtet es heute die Zeitung Het Nieuwsblad.
Laura Chaumont vom Verein Garance, der sich mit genderbezogener Gewalt in der Wallonie beschäftigt, weist im Zusammenhang mit der jetzt aufkommenden Debatte um Pfefferspray noch auf einen anderen Aspekt hin. Sie sagt: "Es gibt natürlich die Gewalt im öffentlichen Raum, das steht außer Frage. Aber die meiste Gewalt gegen Frauen wird weiterhin im privaten Raum ausgeübt. Und für diesen Raum diskutiert man nicht über den Einsatz von einem Spray oder anderen Dingen dieser Art."
Kay Wagner