Wie wichtig eine Statistik ist, kann man oft anhand von zwei Faktoren abschätzen. Erstens: Wer stellt die Statistik vor? Und da ist sofort klar: Der Sicherheitsmonitor ist Chefsache. Innenminister Bernard Quintin, Justizministerin Annelies Verlinden, Eric Snoeck, der Generalkommissar der Föderalpolizei, und Michel Goovaerts, der Vize-Vorsitzende des Ständigen Ausschusses der Lokalen Polizei, wechselten sich bei der Vorstellung der Ergebnisse ab. Zweiter Indikator: Welcher Aufwand ist für die Statistik betrieben worden? Im Fall des jüngsten Sicherheitsmonitors sind fast 430.000 Belgier über 15 Jahren zur Befragung eingeladen worden. Immerhin fast 150.000 haben den Fragebogen auch tatsächlich ausgefüllt.
Der Sicherheitsmonitor sei ein super-wichtiges Instrument für die Polizeidienste des Landes, bestätigt Generalkommissar Snoeck. Er helfe bei politischen Anpassungen und auch dabei, das Vertrauensverhältnis zwischen Bürgern und Polizei weiter auszubauen. Die Sicherheitsbehörden investierten immer viel Zeit und Mittel, um sich ein möglichst klares Bild von der Lage zu verschaffen. Das gelte natürlich beispielsweise für die organisierte Kriminalität. Aber eben nicht nur.
Mehrheit der Belgier fühlt sich sicher
Das Sicherheitsgefühl der Bürger sei ebenfalls sehr wichtig für die Behörden, unterstreicht Snoeck. Man müsse wissen, wie sich die Bürger fühlten, was wichtig für sie sei. Und vor allem auch, was sie von der Polizei erwarteten.
Und zumindest um das Sicherheitsgefühl der Belgier scheint es laut der Studie nicht so schlecht bestellt zu sein: 64 Prozent der Befragten geben nämlich an, sich nie oder nur extrem selten nicht sicher zu fühlen. 26 Prozent fühlen sich manchmal unsicher. Und gerade mal zehn Prozent fühlen sich häufig oder immer unsicher. Allerdings sollte man hinzufügen, dass das Unsicherheitsgefühl bei Frauen und jungen Menschen etwas ausgeprägter ist.
Belgier überwiegend zufrieden mit der Polizei
Ebenfalls eine gute Nachricht für die Sicherheitsbehörden: Über 70 Prozent der Befragten geben an, "zufrieden" oder sogar "sehr zufrieden" gewesen zu sein, wenn sie warum auch immer mit der Polizei zu tun hatten im letzten Jahr. Allerdings hängt dieses Gefühl auch stark davon ab, warum man Kontakt mit der Polizei hatte. Wer zum Beispiel einen Strafzettel oder anderen Ärger bekam, war den Gesetzeshütern deutlich weniger wohlgesonnen natürlich.
Ein weiteres wichtiges Kapitel betrifft die Art von Verbrechen, die Belgier erleben. Und hier sind die Zeichen der Zeit unübersehbar. Es sei auffällig, dass es immer weniger "klassische" Verbrechen zu geben scheine, so Snoeck. Zum Beispiel Wohnungseinbrüche. Er erinnere sich noch aus seiner Zeit in Eupen, dass das damals das größte Problem gewesen sei. Inzwischen habe sich die Lage aber komplett verändert. Denn auch wenn Wohnungseinbrüche natürlich immer noch passieren, setzen viele Kriminelle heutzutage vor allem auf die Chancen, die die Digitalisierung ihnen bietet.
Rund 50 Prozent der befragten Bürger seien im vergangenen Jahr Opfer von Phishing oder geworden oder hätten sich zumindest entsprechenden versuchen ausgesetzt gesehen. Und das ist wohlgemerkt nur das Phänomen Phishing. Internetbetrug oder Hackerangriffe sind ebenfalls ein immer größeres Problem.
Ein weiteres, wenig überraschendes Ergebnis: Drogenkriminalität wird als immer größere Bedrohung empfunden. Wobei dieses Problem in Städten naturgemäß größer ist als auf dem Land. Aber auch wenn die Drogen vielen Bürgern Sorgen machen, wollen sie trotzdem nicht, dass die Polizei darüber andere Prioritäten vernachlässigt. Beispielsweise die Verkehrssicherheit. Denn auch überhöhte Geschwindigkeit, Aggressivität im Straßenverkehr und so weiter tragen für viele Menschen zum Unsicherheitsgefühl bei. Und sollten ihrer Meinung nach entsprechend streng angegangen werden.
Anzeigebereitschaft sinkt, Dunkelziffer steigt
Besonders negativ sticht aber noch ein anderer Punkt heraus: Die Bereitschaft, Anzeige zu erstatten, hat im Vergleich zur letzten Befragung 2021 für die meisten Arten von Vorfällen abgenommen. Sprich: Die Dunkelziffer für Verbrechen ist vermutlich noch weiter gestiegen. Ein häufig genannter Grund für diese Entwicklung: Anzeige zu erstatten bringe eh nichts, so etwas verlaufe meist im Sand, so offenbar der Tenor bei vielen.
Aber diese Einstellung sei ein Fehler, unterstreicht Generalkommissar Snoeck. Er könne die Bürger nur dazu aufrufen, bei Vorfällen, oder wenn sie Opfer von Verbrechen würden, immer Anzeige zu erstatten. Die Polizei gehe Anzeigen immer nach, das garantiere er. Sicherheit könne nicht die alleinige Aufgabe der Polizei sein, auch die Bürger trügen – wie viele andere Partner auch – eine Mitverantwortung, um das Land sicherer zu machen.
Ausführlichere Informationen zum "Sicherheitsmonitor" stellt die Polizei auf Französisch und Niederländisch auf ihrer Webseite im Bereich "Statistiken" zur Verfügung.
Boris Schmidt