Die belgischen Bischöfe seien sehr erfreut über die Wahl des amerikanischen Kardinals Robert Prevost zum neuen Papst, hieß es in einer Mitteilung der belgischen Bischofskonferenz. "Die Tatsache, dass Leo XIV. so schnell gewählt wurde, sei ein Zeichen der Einheit innerhalb der Kirche".
Der neue Papst ist für die belgischen Bischöfe kein Unbekannter. Im September vergangenen Jahres begleitete er seinen Vorgänger Papst Franziskus bei seinem Staatsbesuch in Belgien.
Der Antwerpener Bischof Johan Bonny kennt den neuen Papst persönlich. "Robert Prevost sei vielleicht nicht der große Charismatiker; er sei aber ein Mann, der zuhört, sich in seinen Gesprächspartner hineinversetzt, dann relativiert, aber die Worte der anderen immer ernst nehme." Insofern sei er der ideale Mann, um die Dinge zu Ende zu bringen, die Papst Franziskus angestoßen habe, sagte Bonny in der VRT.
"Ein einfacher, demütiger Mann, der zuhört, und der gleich Vertrauen einflößt", so beschreibt ihn Luc Terlinden, der Erzbischof von Mechelen-Brüssel.
Bonny und Terlinden sehen den neuen Papst in der Kontinuität seines Vorgängers. In dem Sinne, dass Franziskus die Ideen hatte, und er habe wirklich viele Neuerungen angestoßen. Nur sei Franziskus nicht besonders gut darin gewesen, seine Initiativen auch zu Ende zu bringen. Und man sei zuversichtlich, dass der neue Papst Leo diese Politik in die Tat umsetzen werde.
Helfen werde ihm dabei seine Erfahrung, auch innerhalb der römischen Kurie, sagte Bischof Luc Terlinden. Und dabei werde es wohl auch um den Platz der Frauen innerhalb der Kirche gehen. Interessanterweise habe Robert Prevost in seiner Zeit als Bischof in Peru das schon in der Praxis erlebt; das habe er ihm selbst erzählt, sagte Terlinden. Dort hätten Frauen wichtige Verantwortungspositionen innegehabt und das mache ihn zuversichtlich.
Schwarze Liste
In die vielen Glückwünsche für den neuen Papst mischen sich auch kritische Töne. In Belgien sind Opfer sexuellen Missbrauchs empört über die Wahl von Robert Prevost zum neuen Oberhaupt der katholischen Kirche.
Hintergrund ist der Vorwurf, Prevost habe sich an der Vertuschung von Missbrauchsfällen beteiligt. Ende März hatte ein US-amerikanischer Verein, der die Interessen von Opfern sexuellen Missbrauchs vertritt, beim Vatikan Beschwerde über sechs Kardinäle eingereicht, die angeblich Täter des sexuellen Missbrauchs in Schutz genommen hatten. Einer dieser Genannten war Prevost. Die Vorwürfe betreffen sowohl seine Zeit als Generalprior des Augustinerordens in seiner Heimatstadt Chicago als auch seine Zeit als Bischof in Peru.
Papst Franziskus hatte bei seinem Besuch in Belgien vergangenen September mit Missbrauchsopfer gesprochen. Ein weiteres Treffen war für September geplant. Die Betroffenen befürchten, dass dieses Treffen unter Leo XIV. nicht stattfinden wird.
Auch der Priester Rik Devillé, der sich für die Belange der Opfer des sexuellen Missbrauchs in der Kirche einsetzt, ist seinerseits enttäuscht, man könnte beinahe sagen entsetzt. Hier werde ein Kardinal zum Papst gemacht, der versucht habe, innerhalb seiner Kongregation Missbrauchsfälle zu vertuschen. "Und gemäß der Selbstverpflichtungen der Kirche ist das nicht akzeptabel", sagte Devillé in der VRT.
Das seien Vorwürfe, denen man in jedem Fall nachgehen müsse, sind sich Bonny und Terlinden einig. Er habe aber keinen Zweifel daran, so Terlinden, dass Papst Leo XIV auch in dieser Frage in der Kontinuität seiner beiden Vorgänger bleiben und eine Nulltoleranz bei sexuellem Missbrauch anwenden werde. Das habe Robert Prevost auch schon so praktiziert in seiner Zeit als Präfekt der Vatikanbehörde für die Bischöfe.
Weltgewissen
Der neue Papst wird sich aber nicht nur um die kircheninternen Probleme kümmern müssen. Dem Oberhaupt der Katholischen Kirche fällt auch eine "außenpolitische Rolle" zu. Jeder Papst versteht sich als eine Art Weltgewissen, und bei Leo XIV, den ja schon seine Biographie zu einer Art Weltenbürger macht, dürfte das wohl besonders ausgeprägt sein. Allein die Wahl seines Papstnamens lässt da schon einige Rückschlüsse zu, denn sein Namensvorgänger, Leo XIII, ist vor allem bekannt für seine Enzyklika Rerum Novarum von 1891. Unter anderem die christliche Gewerkschaft erinnert bis heute an die Veröffentlichung dieses Textes, weil es das erste Mal war, dass sich die Kirche wirklich mal den sozialen Fragen und insbesondere dem Schicksal der Arbeiterklasse gewidmet hat. Leo XIII wollte damit einen Kontrapunkt setzen insbesondere zum Sozialismus. Und all das ist natürlich kein Zufall, sagte Bischof Terlinden.
In einem zweiten Punkt sieht sich der Papst dann offensichtlich mehr in einer Linie mit seinem Vorgänger Papst Franziskus: "Bei seiner ersten Rede als Papst hat er ja schon den Frieden hervorgehoben", sagt Luc Terlinden. Er hat sogar Jesu Worte an den Anfang gestellt: 'Der Friede sei mit Euch'. Hier hat uns der Papst schon bewusst eine weitere Priorität seines Pontifikats aufgezeigt".
Reformen innerhalb der Kirche, die Aufarbeitung des Missbrauchsskandal, aber auch eine soziale Agenda und das Streben nach Frieden in der Welt: Der neue Papst Leo XIV steht in der Tat vor enormen Herausforderungen…
vrt/sh/rop