Eine Punktezahl zwischen null und zehn, wobei höher besser ist, und dazu passend noch eine farbige Kennzeichnung: rot für schlechter reparierbar, grün für besser reparierbar. Zu finden sowohl online als auch im physischen Geschäft in unmittelbarer Nähe der Preisangabe. Das ist der neue belgische Reparierbarkeitsindex. Zumindest aus Kundensicht also eine denkbar unkomplizierte Neuerung.
Aber was sagt dieser Reparierbarkeitsindex eigentlich aus? Im Prinzip basiert der Score auf fünf großen Kriterien, wie Jonas Moerman im RTBF-Interview aufzählt. Moerman arbeitet für eine Verbraucherschutzorganisation, die umwelt- und gesundheitsbewussteren Konsum propagiert.
Wie einfach ist das Gerät mit normalem Werkzeug zu öffnen - also ohne Spezialwerkzeug? Sind Reparaturanleitungen verfügbar? Wie steht es um die Verfügbarkeit von Ersatzteilen? Wie hoch ist der Preis für die Ersatzteile (denn damit steht und fällt natürlich jede Überlegung, ein Gerät eventuell reparieren zu lassen)?
Diese vier Hauptkriterien gelten für alle betroffenen Elektrogeräte-Gruppen. Es gibt ein fünftes Kriterium, und das hängt von der spezifischen Produktgruppe ab: Bei einer Geschirrspülmaschine wäre das zum Beispiel ein Zähler, der erfasst, wie viele Spülgänge die Maschine schon gemacht hat und damit Aufschluss gibt über den wahrscheinlichen Verschleiß bestimmter Teile.
Und damit sind wir auch schon bei den Elektrogeräten, die aktuell überhaupt einen Reparierbarkeitsindex bekommen. Das sind nämlich nur fünf Produktgruppen, wie Laura Clays von der Verbraucherschutzorganisation Test-Achats in der VRT aufzählt: Geschirrspülmaschinen, Staubsauger, Hochdruckreiniger, Rasenmäher und Laptops, allerdings nur die ohne Touchscreens.
Eine sehr übersichtliche Affäre also, auch wenn in einer zweiten Phase noch elektrische Fahrräder, E-Steps und Co. und Tablets dazukommen sollen.
Das Problem ist nämlich die Art und Weise, wie die Scores erstellt werden. Das geschieht auf der Basis von langen Excel-Tabellen, die die Hersteller der Elektrogeräte ausfüllen müssen. Und solche Listen kann man nicht mal eben so auf die Schnelle erstellen, wie Laura Clays erklärt. Das müssen Experten machen. Und dann muss auch noch die Regierung grünes Licht geben - und zwar für jede einzelne Produktkategorie, die hinzugefügt werden soll.
Problem Nummer zwei: Es sind die Hersteller selbst, die die Listen ausfüllen und damit die Punkte berechnen. Die Hersteller haben aber natürlich kein Interesse daran, einen schlechten Score oder gar eine rote Kennzeichnung zu bekommen. Also geht die Tendenz eindeutig in Richtung sehr optimistische Selbstbewertung.
Vorbild Frankreich
Das ist auch nicht nur eine Unterstellung, sondern eine Beobachtung. In Frankreich gibt es den Reparierbarkeitsindex nämlich schon seit vier Jahren, Belgien ist das zweite Land in Europa, das ihn einführt. Wenn ein Hersteller zum Beispiel angebe, bestimmte Ersatzteile auf Jahre hinaus zur Verfügung zu stellen, um mehr Punkte zu bekommen, das dann aber doch nicht tue, dann sei das schwer zu kontrollieren, unterstreicht Clays.
Kontrollen, ob ein Reparierbarkeits-Score realistisch sei, seien eigentlich nur im Nachhinein möglich, hebt auch Moerman hervor. Nämlich dann, wenn es Klagen gibt und zum Beispiel eine Verbraucherschutzorganisation dem nachgeht.
Aber trotz dieser offensichtlichen Mankos wird die Einführung des Reparierbarkeitsindex generell als positiver Schritt gewertet. Die Maßnahme bettet sich in weitere, unter anderem europäische Maßnahmen ein, um die "Reparieren-statt-Wegwerfen"-Mentalität zu stärken.
Und wie das Vorbild Frankreich zeigt, bewirkt die Kennzeichnung auch tatsächlich etwas: Kunden würden höhere Reparierbarkeitsscores wahrnehmen und entschieden sich für die entsprechenden Produkte, so Clays. Und das führe natürlich auch dazu, dass sich die Hersteller darauf einstellten.
vrt/est