Es wäre eine Premiere, denn noch nie hat es in der Geschichte des Papsttums einen Papst aus Belgien gegeben. Und auch dieses Mal wäre es eher eine Überraschung, wenn es wirklich etwas werden würde mit einem belgischen Papst. In den Listen der Favoriten, die jetzt in den Medien zirkulieren, tauchen die Namen der beiden belgischen Kardinäle nämlich nicht auf.
Was allerdings nicht unbedingt etwas heißen muss. Denn obwohl rund ein Dutzend Namen von Kardinälen aus Ländern wie Italien, Frankreich, Deutschland, Luxemburg, Ungarn, Schweden, dem Kongo, Ghana oder auch den USA, Philippinen oder Myanmar regelmäßig in den Listen der möglichen Favoriten auftauchen, sagt Luc Terlinden, Erzbischof von Mechelen-Brüssel zu der anstehenden Wahl: "Aus meiner Sicht ist der Ausgang sehr offen. Es ist sehr schwer, irgendeine Prognose zu treffen."
Welcher Kurs soll eingeschlagen werden?
Diese Situation sei unter anderem auch dadurch bedingt, dass Papst Franziskus viele neue Kardinäle in Ländern ernannt habe, in denen es bislang keine Kardinäle gab und diese Länder meist außerhalb von Europa liegen. Zwar kämen die meisten Kardinäle im Konklave immer noch aus Europa, aber mit 53 bilden sie nicht einmal mehr die Hälfte aller Wahlberechtigten im Konklave.
Entscheidend wird zudem auch sein, welchen Kurs die katholische Kirche in Zukunft einschlagen will. Soll die Öffnung der katholischen Kirche, die Papst Franziskus eingeleitet hat, weitergeführt werden? Oder sollen wieder konservative Kräfte ans Ruder?
Jozef De Kesel
Die beiden belgischen Kardinäle im Konklave stehen dabei klar für den Kurs von Franziskus. Der 77-jährige Jozef De Kesel aus Gent, der bis vor zwei Jahren die belgische Kirche leitete, gilt sogar als noch reformfreudiger als Papst Franziskus selbst. In Vatikan-Kreisen wird er angeblich geschätzt. Und zumindest aus seinen Worten jetzt kurz vor dem Konklave spricht eine ähnliche Bescheidenheit, die auch Franziskus prägte. De Kesel sagte in der RTBF: "Als ich Priester war, habe ich niemals daran gedacht, dass ich eines Tages Kardinal sein würde. Ich habe niemals daran gedacht, eines Tages mal an einem Konklave teilzunehmen."
Dass die Wahl letztlich auf De Kesel fallen könnte, schätzt die Zeitung La Libre Belgique allerdings als sehr gering ein. Mit dem Hauptargument: Das hohe Alter von 77 Jahren von De Kesel.
Dominique Mathieu
Mit 61 Jahren deutlich jünger ist der zweite belgische Kardinal im Konklave, Dominique Mathieu. Geboren in Arlon, aufgewachsen in Brügge, verlässt er 2013 von Brüssel aus Belgien in Richtung Libanon. Vor drei Jahren ernennt ihn Papst Franziskus zum Erzbischof von Teheran, der Hauptstadt des Iran. Keine leichte Aufgabe in einem Staat mit klar konservativ-islamischer Prägung. "Unsere Präsenz muss eine Präsenz sein, die inklusiv ist. Wir sind nicht hier, um uns gegen etwas zu stellen", umschreibt Mathieu dann auch die Art und Weise, wie er das Christentum im Iran versucht, am Leben zu erhalten.
Zu seinen Chancen, jetzt im Konklave vielleicht zum Nachfolger seines Förderers Franziskus gewählt zu werden, sagt Mathieu: "Man soll niemals nie sagen. Aber ich schließe es in gewisser Weise aus. Ich würde es bevorzugen, wenn jemand anderes es würde."
Laut Einschätzung von La Libre Belgique stehen die Chancen für Mathieu allerdings gar nicht mal so schlecht. Für ihn könnte es sich auszahlen, zurzeit nicht zu den immer wieder zitierten Favoriten zu zählen. Mathieu hat einen unkonventionellen Werdegang, ist Spezialist für den interreligiösen Dialog und mit 61 Jahren noch relativ jung.
Kay Wagner