Die Zahlen sind unterschiedlich: Die Zeitung Het Laatste Nieuws schreibt am Montag von mehr als 12.800 Menschen, die im vergangenen Monat in den Gefängnissen in Belgien gesessen hätten. Gut 13.500 sind es laut VRT. Doch wie auch immer: In beiden Fällen sind es viel zu viel. Denn eigentlich gibt es nur Platz für etwa 11.000 Menschen in den Haftanstalten. Und eigentlich müssten noch viel mehr Verurteilte in die Gefängnisse hinein.
Aber irgendwann ist auch mit der Überbelegung Schluss, weshalb einige verurteilte Straftäter mittlerweile erst gar nicht in die Gefängnisse eingewiesen werden. Ein Zustand, den die flämische Justizministerin Zuhal Demir kritisiert. "Es laufen Tausende verurteilte Menschen frei herum, die eigentlich im Gefängnis sitzen müssten", sagte sie am Montag im Radio der VRT. "Diese Menschen können zurzeit ungehindert ihre kriminellen Machenschaften weiter ausüben. Das ist Straflosigkeit."
Straflosigkeit dürfe es aber nicht geben in Belgien. "Wir leben in einem Rechtsstaat", sagt dazu Demir. "Und es ist wichtig, dass jeder Straftäter, der von einem Richter zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird, diese Strafe auch tatsächlich absitzt." Weil es aber schon länger nicht genug Platz in den Gefängnissen gibt, werden verurteilte Straftäter auch heute schon manchmal zum Tragen einer elektronischen Fußfessel verurteilt. Dann kann sich die betroffene Person zwar weiter in der Gesellschaft bewegen, wird aber über die Signale der Fußfessel auf Distanz überwacht.
Knapp 5.200 Menschen verbüßen zurzeit schon ihre Strafe mit einer Fußfessel in Flandern. Jetzt möchte Zuhal Demir 4.000 weitere Fußfesseln für Flandern anschaffen, um der aktuell kompletten Straflosigkeit von verurteilten Kriminellen zumindest etwas entgegenzusetzen. "Das ist eine zeitlich begrenzte Notlösung", betont sie. "Damit möchte ich im Rahmen meiner Zuständigkeiten vor allem Flandern helfen. Und die Region sicherer machen. Denn die Föderalregierung macht das bislang nicht. Das ist schon seit Jahrzehnten so, und das ärgert mich."
18 Millionen Euro soll die Maßnahme kosten. Geld, das von der föderalen Ebene zur Verfügung gestellt werden muss. Davon sollen dann die Fußfesseln gekauft, soll Personal für die Überwachung gefunden, geschult und bezahlt werden. Demir, die genauso wie Premierminister Bart De Wever der N-VA angehört, will ihre geplante Maßnahme auf zweieinhalb Jahre begrenzen. Die Fußfessel könne nämlich keine dauerhafte Lösung sein, betont die Ministerin noch einmal. Ihre Maßnahme werde aber der Föderalregierung Zeit verschaffen, eine strukturelle Lösung zu finden, um den Missstand der Überbelegung der Gefängnisse in Belgien zu beenden.
Kay Wagner