Der Markt für Schönheitsbehandlungen boomt. Das bestätigen auch die Experten. Behandlungen mit Botox etwa, um Falten verschwinden zu lassen, oder das Füllen von Lippen, um sie voller erscheinen zu lassen, sind populärer denn je, so Steven Colpaert, plastischer Chirurg und Mitglied der Königlichen Gesellschaft für plastische, rekonstruktive und ästhetische Chirurgie, in der Zeitung Het Nieuwsblad. Er spricht von einer exponentiellen Zunahme dieser Art von Eingriffen in den letzten Jahren.
Wo eine Nachfrage ist, gibt es auch ein entsprechendes Angebot - und zwar für jeden Geldbeutel. Mussten Menschen für günstige Schönheitsbehandlungen früher etwa nach Osteuropa oder in die Türkei reisen, gibt es mittlerweile auch hierzulande ein üppiges Angebot. Was aber leider nicht gleichbedeutend ist mit einem durchgehend qualitativ hochwertigen Angebot - im Gegenteil.
Es gebe immer mehr sehr dubiose Schönheitskliniken, in denen Menschen kosmetische Injektionen von nicht qualifiziertem Personal bekämen, beklagen Experten - mit potenziell verheerenden Konsequenzen. Die Bereiche des Körpers, in die Botox, Füller und Co. injiziert werden, werden von vielen Blutgefäßen durchzogen, erklärt Jean Hébrant, der Vorsitzende der belgischen Gesellschaft für ästhetische Medizin, im Interview mit der RTBF.
Wenn die kosmetischen Substanzen aus Versehen in diese Gefäße gespritzt würden, könne das zu katastrophalen Folgen führen, die in den meisten Fällen auch unumkehrbar seien. Heißt konkret: Das Hautgewebe kann absterben. Wenn man Pech hat und das Blutgefäß zu den Augen führt, kann eine kosmetische Injektion auch zur Erblindung führen, warnt der Arzt.
Zwei Sterbefälle
Es kann aber sogar noch schlimmer kommen. Gerade bei Schönheitsbehandlungen im Gesichtsbereich ist es auch möglich, dass die Chemikalien über die Blutgefäße ins Gehirn gelangen - und dann kann selbst der Tod eintreten. In Belgien sind in den vergangenen Jahren mindestens zwei Menschen gestorben, nachdem sie kosmetische Injektionen von nicht qualifizierten Personen erhalten haben, bestätigt die Berufsvereinigung plastischer Chirurgen. Es ist wohl von einer erheblichen Dunkelziffer sonstiger Komplikationen auszugehen.
Denn das Problem ist nicht nur die Injektion an sich, sondern auch die entsprechende medizinische Nachsorge. Wenn die Person, die die Spritzen verabreicht, nämlich Probleme zu spät erkennt oder keine Kontrolle stattfindet, kann es schnell zu den erwähnten Problemen wie einem Absterben der Haut kommen. Ein echter Spezialist weiß dann, was zu tun ist, wann er beispielsweise Antibiotika, entzündungshemmende Mittel und Ähnliches verordnen muss, um Schlimmeres zu verhüten. Ein "Amateur", aber eher nicht, wenn überhaupt eine Nachsorge stattfindet.
Dubiose Mittel
Menschen, die sich in dubiosen Kliniken oder von dubiosen Personen kosmetische Spritzen setzen ließen, seien oft naiv, beklagt Schönheitschirurg Julien Félix. Er behandelt nach eigener Aussage mindestens einmal pro Monat neue Patienten nach kosmetischen Pfuschprozeduren. Sie glaubten oft, dass beispielsweise Krankenpfleger oder Kosmetikerinnen ausgebildet seien, um solche Eingriffe durchzuführen. Aber auch wenn solche Behandler immer versicherten, entsprechende Ausbildungen zu haben, stimme das nicht. Diese angeblichen Ausbildungen seien in Belgien überhaupt nichts wert, unterstreicht der Arzt.
Neben mangelnden Fachkenntnissen lauert aber noch eine Gefahr bei fragwürdigen Schönheitsbehandlungen: das verwendete Material: Denn so dubios die Behandlung, so dubios oft auch die Herkunft der verwendeten Chemikalien - mit allen Gesundheitsrisiken, die das mit sich bringen kann.
Es gibt noch einen gefährlichen Trend, vor dem nicht nur Félix eindringlich warnt: Selbstbehandlung mit Botox und Co. Man sehe solche Praktiken und Anleitungen immer wieder in den sozialen Netzwerken. Aber es sei absolut verrückt, so etwas auszuprobieren.
Boris Schmidt