Eine Grippewelle rollt gerade über das Land - und das Gesundheitssystem gerät dadurch zunehmend unter Druck. Dafür gibt es verschiedene Indikatoren. Einer davon ist die Zahl der Hausarztbesuche je 100.000 Einwohner. Die liegt im Moment fast so hoch wie auf dem Höhepunkt der letzten Grippewelle im vorigen Winter, also ziemlich hoch.
Entsprechend schwierig ist es denn auch, einen Termin bei seinem Hausarzt zu bekommen. Die Folgen bekommen dann wiederum die Notaufnahmen zu spüren, deren Auslastung aktuell um zwölf Prozent höher liegt als in Normalzeiten. Ein Mehr an Infektionen bedeutet naturgemäß auch: mehr schwerwiegende Verläufe und damit mehr Krankenhausaufnahmen. In der Tat: Innerhalb einer Woche stieg die Zahl der hospitalisierten Patienten von sechs je 100.000 Einwohner auf aktuell 12,4.
Die Zahlen an sich sind für Laien wenig aussagekräftig, aber die Tatsache, dass wir von einer Verdopplung sprechen, sagt wohl, was sie sagt. Und das bestätigt sich auch auf dem Terrain, in dem Sinne, dass in einigen Krankenhäusern schon wieder nicht-dringende chirurgische Eingriffe verschoben werden müssen. "Ja, in der Tat: Die Situation ist gerade schwierig", bestätigte etwa Eric Brohon, medizinischer Direktor im Krankenhaus in Verviers in der RTBF. Das Ganze wird noch verstärkt durch die Tatsache, dass natürlich auch viele Personalmitglieder krankheitsbedingt ausfallen.
Also, kurz und knapp: Die Grippewelle hat das Land fest im Griff. "Grippe" ist hier im Grunde ein Oberbegriff. Eigentlich geht es hier auch um Atemwegserkrankungen aller Art. Und, um gleich bei dem Begriff zu bleiben: Seit Kurzem gibt es einen "Winterplan Atemwegserkrankungen". "Und dieser Plan arbeitet mit Warnstufen", sagte der amtierende Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke in der Kammer. Und am Donnerstagnachmittag, also quasi während der Minister in der Kammer sprach, wurde die Warnstufe von Code Gelb auf Code Orange angehoben. Die Gesundheitsbehörden haben also auf die Situation reagiert.
Diese Anhebung der Warnstufe geht einher mit einer Reihe von Empfehlungen. Die wichtigste davon ist ganz einfach, sagte in der VRT Gerlant van Berlaer, der der sogenannten "Risk Management Group" angehört: Wer krank ist, der bleibt zuhause. Wenn es dann wieder besser geht und man wieder zur Arbeit kann, dann sollte man doch noch für fünf Tage eine Maske tragen.
Gerlant van Berlaer nimmt da ein Wort in den Mund, das in manchen Ohren wohl unschöne Erinnerungen weckt. Die "Risk Management Group" empfiehlt jetzt wieder das Tragen von Masken, dies übrigens zum ersten Mal eben seit der trostlosen Coronakrise. "Masken werden empfohlen bei jedem Kontakt in medizinischen Einrichtungen, also zum Beispiel in Krankenhäusern oder auch in Wartezimmern von Arztpraxen. Darüber hinaus so oder so, wenn man Symptome hat und sich im öffentlichen Raum bewegt, etwa in öffentlichen Verkehrsmitteln. Eine Maske sollte man auch tragen, wenn man Kontakt zu schwächeren Mitmenschen hat."
Darüber hinaus empfiehlt die Risk Management Group, dass Unternehmen Mitarbeitern mit schwächerer Gesundheit die Möglichkeit zu geben, aus dem Homeoffice zu arbeiten. Und dann legen die Experten auch nochmal den Nachdruck auf eine gute Durchlüftung von geschlossenen Räumen.
Das kommt einem wirklich fatal bekannt vor, eben aus einer Zeit, an die man eigentlich nicht erinnert werden möchte. Den Fachleuten der Risk Management Group scheint das auch bewusst zu sein. "Keine Angst, das sind nur Empfehlungen", sagt denn auch lächelnd Gerlant van Berlaer. Eine Pflicht zum Tragen von Masken oder Ähnliches können ohnehin nur die Gesundheitsminister des Landes erlassen. Davon könne aber im Moment absolut keine Rede sein.
Roger Pint