Eine RSV-Erkrankung hat jeder von uns wohl schon durchgemacht, viele wahrscheinlich sogar bereits mehrfach. Denn der Körper baut keine langfristige Immunität auf gegen den Erreger. Laut Zahlen des deutschen Robert-Koch-Instituts infizieren sich zum Beispiel 50 bis 70 Prozent aller Kinder schon in ihrem ersten Lebensjahr mit RSV, bis zum Ende des zweiten Lebensjahrs beträgt die Quote quasi 100 Prozent. Bei Erwachsenen schlägt das Virus ebenfalls immer wieder zu, besonders natürlich bei denen, die regelmäßig Kontakt mit Kindern haben.
RSV-Erkrankungen sind also nicht unüblich. Auf die leichte Schulter nehmen sollte man sie aber trotzdem nicht. RSV werde oft unterschätzt, gerade bei älteren Menschen, warnt beispielsweise der bekannte Vakzinologe Pierre Van Damme. Dabei könne das Virus in bis zu zehn Prozent der Infektionen bei älteren Menschen zu einer Krankenhausaufnahme führen. Pro Jahr landen in Europa 270.000 alte Menschen mit RSV im Krankenhaus, 20.000 sterben daran.
Mit zunehmendem Alter werde das Immunsystem schwächer, erklärt Steven Callens, Infektiologe und Experte des Hohen Gesundheitsrats, in der VRT. Gerade im Zusammenspiel mit Vorerkrankungen könne RSV so zu deutlich ernsteren Erkrankungen führen. Deswegen hat der Hohe Gesundheitsrat am Donnerstag eine neue Impfempfehlung herausgegeben.
Allen Menschen über 75 Jahren wird nun die Impfung gegen RSV empfohlen. Bei Menschen, die Risikogruppen angehören, sogar schon ab einem Alter von 60 Jahren. Zu diesen Risikogruppen gehören unter anderem chronische Erkrankungen, Störungen des Immunsystems, Herz- und Gefäßkrankheiten, Diabetes, Übergewicht, Rauchen und Ähnliches.
Als weiteren Grund für die Ausweitung der Impfempfehlung nennt der Hohe Gesundheitsrat die Verfügbarkeit von mehr Daten über die Effizienz der Impfstoffe, denn die RSV-Impfstoffe sind noch relativ neu. Inzwischen sei deutlich, dass die Impfstoffe sehr gut schützten, so der Hohe Gesundheitsrat. Der Vakzinologe Pierre Van Damme spricht in diesem Zusammenhang von einem 80-90 prozentigen Schutz gegen Atemwegserkrankungen nach nur einer Impfung. Und der Schutz hält auch nicht nur ein Jahr, wie Callens hervorhebt. Auch nach zwei Saisons sei der Schutz noch immer gut.
Einen nicht unerheblichen Haken hat die ganze Geschichte aber trotzdem. Für Erwachsene werden die Kosten für die Impfstoffe nicht zurückerstattet. Und da reden wir von nicht unerheblichen Summen. Je nach Impfstoff kostet der Schutz etwa zwischen 185 und 205 Euro. Dieses hohe Preisschild habe sich in der Vergangenheit auch bereits als abschreckend erwiesen, räumt Callens ein. Gerade in der ersten Impfsaison sei das ein großes Hindernis gewesen.
Da man nun wisse, dass der Schutz über mehrere Saisons gut bleibe, habe sich das Preis-Leistungs-Verhältnis natürlich erheblich verbessert. Es könne außerdem sehr gut sein, dass noch entschieden werde, die Kosten für RSV-Impfstoffe zumindest für einen Teil der Bevölkerung zurückzuerstatten, so Callens noch. Aber aktuell ist das eben nicht der Fall.
Boris Schmidt