Wo steht Belgien eigentlich in puncto digitaler Wandel? Wie gut wird Künstliche Intelligenz von der Wirtschaft angenommen? Das sind nur zwei der Fragen, mit denen sich auch der FÖD Wirtschaft regelmäßig beschäftigt. Das Ministerium fasst seine Erkenntnisse auch in jährlich erscheinenden Berichten zusammen, den sogenannten "Belgian Digital Economy Overviews".
Laut der jüngsten Ausgabe dieser Übersicht haben 2023 etwa 12,5 Prozent der Kleinen und Mittleren belgischen Unternehmen mindestens eine KI-basierte Technologie eingesetzt. Eine Steigerung um rund drei Prozent innerhalb von zwei Jahren. Bei großen Unternehmen beträgt der Anteil sogar 47,9 Prozent, also fast schon die Hälfte.
Damit spielt die belgische Wirtschaft in puncto Einsatz von KI-basierten Technologien im europäischen Vergleich ganz vorne mit. Wir müssen uns in dieser Hinsicht nur Dänemark, Finnland und Luxemburg geschlagen geben und liegen deutlich über dem EU-Durchschnitt.
Ein Ergebnis, das Sabine Demey vom KI-Programm des flämischen Forschungszentrums IMEC nicht überrascht. Auf neue Technologien wie Künstliche Intelligenz zu setzen, stehe ganz in der Tradition der belgischen Wirtschaft, so Demey sinngemäß im Interview mit Radio Eén. Und natürlich habe man auch jahrelang darauf hingearbeitet. Die Investitionen in Forschung, Innovation und auch entsprechende Ausbildung würden nun Früchte abwerfen.
Allerdings muss man auch festhalten, dass es sehr auf den Sektor ankommt. Besonders häufig werde KI etwa für verwaltungstechnische Aufgaben genutzt, in der Informatik, im Kommunikations- oder auch im Finanzbereich. In anderen Bereichen hingegen spielen KI-basierte Technologien - zumindest bisher - wenn überhaupt eine eher untergeordnete Rolle. Zum Beispiel im Baugewerbe, in der Fertigungsindustrie oder auch im Gesundheitssektor.
Das habe vermutlich vor allem mit den Ansprüchen zu tun, die an die neuen Technologien gestellt würden, so die IMEC-Expertin. Es sei nun einmal eine Sache, mit KI einen Text zu schreiben, der dann vielleicht noch einmal verbessert werde, bevor er eingesetzt werde. Aber eben eine ganz andere, KI auf Produktionsprozesse anzuwenden. Denn da müsse alles reibungslos laufen, sonst könne es zu Störungen bei den Betriebsabläufen kommen.
Die Expertin sieht in diesem Bereich auch noch viel Luft nach oben. Es müsse noch viel getan werden, um KI-basierte Technologien zuverlässiger und robuster zu machen und um dafür zu sorgen, dass sie auch überall eingesetzt werden könnten. Denn aktuell sei es noch oft so, dass die Systeme nur in den Bereichen funktionierten, in denen sie auch trainiert worden seien.
Es gibt aber auch noch einen anderen Faktor, der den breiten Vormarsch der KI in der Wirtschaft bremst: der Mangel an entsprechend geschultem Personal, das bestätigten auch die Betriebe selbst. Deswegen plädiert die KI-Expertin dafür, stärker auf Aus- und Fortbildung zu setzen. Außerdem müssten KI-basierte Technologien auch schlicht inklusiver werden, sprich, es könne nicht sein, dass die entsprechenden Werkzeuge nur von Spezialisten bedient werden könnten.
Eine weitere Baustelle seien dann mit KI verbundene Risiken wie der Missbrauch von persönlichen oder firmeninternen Daten. Auch da müsse sichergestellt werden, dass eine Weiterentwicklung der KI-basierten Technologien zwar stattfinden könne, aber eben unter Beachtung entsprechender Regeln.
Und apropos Regeln: Demey sieht hier auch den Staat in der Pflicht. Das sehe man zwar in der Wirtschaft nicht immer gerne, aber es sei nun einmal auch die Aufgabe des Staates, dafür zu sorgen, dass der technische Fortschritt in geordnete Bahnen gelenkt werde. Zum Beispiel durch die Schaffung eines entsprechenden gesetzlichen Rahmens. Die Bürger müssten schließlich gegen eine missbräuchliche Nutzung von KI geschützt werden. Und auch Inklusivität entstehe nicht von selbst. Sie finde es also nur logisch, wenn der Staat hier regulierend eingreife, so Demey.
Boris Schmidt