Der Blick in die Statistiken ist eindeutig: Bei etwas über zehn Prozent aller erfassten Unfälle in Belgien ist Alkohol im Spiel. Und obwohl die Zahl der Verkehrsunfälle seit Jahren rückläufig ist, bleibt dieser Anteil so gut wie konstant. Die Statistiken zeigen aber noch mehr: Zum Beispiel, dass sich dieser Anteil in Wochenendnächten fast vervierfacht. Aus offensichtlichen Gründen.
Aber nicht alle Gründe sind so offensichtlich und hier kommt das Sammeln, Verarbeiten und Analysieren von Daten über die Drogenkontrollen selbst zum Zug. Zum Beispiel, um herauszufinden, wie sich die Drogenfahrten übers Land verteilen, ob es Schwerpunkte gibt, wie groß die Gefahr ist, erwischt zu werden, sprich die Anzahl der Kontrollen, und vieles mehr. Das Problem: Dieser eigentlich logische Vorgang findet in Belgien von behördlicher Seite nur sehr eingeschränkt statt.
Auch das Verkehrssicherheitsinstitut Vias hat die entsprechenden Daten nicht, wie Sprecher Stef Willems gegenüber der VRT bestätigt. Außerhalb der Bob-Kampagnen wisse Vias nicht, wie oft die Polizei Fahrer auf Drogen kontrolliere. Diese Daten habe nur die jeweilige Polizeizone, sie würden nicht zentral erfasst. Die einzigen Zahlen, die vorliegen, sind die der föderalen Straßenpolizei – aber die kontrolliert nur auf den Autobahnen und hat auch mit großem Personalmangel zu kämpfen.
Es ist auch nicht nur das Verkehrssicherheitsinstitut Vias, das keinen Zugriff auf die Drogenkontrollen-Daten der lokalen Polizeizonen bekommt, wie die Gouverneurin der Provinz Antwerpen, Cathy Berx, erklärt. Sie engagiert sich seit Langem für mehr und strengere Kontrollen, aber auch sie habe keinen globalen Überblick. Im August habe sie möglichst detailliert aufgeschlüsselte Daten darüber angefordert, habe sie aber bisher noch nicht bekommen.
Ein Umstand, der die Kriminologin Sofie De Kimpe von der Freien Universität Brüssel VUB nicht überrascht. Informationen teilen und Informationen analysieren, sei bei der Polizei immer schon ein schwieriges Thema gewesen. Es gebe einfach keine entsprechende Kultur, schon gar nicht, was das Teilen von Informationen mit der Außenwelt angehe.
Die Kriminologin unterstreicht aber auch, dass das Bewusstsein für das Problem durchaus zumindest zeitweise vorhanden war. Es hat bei der föderalen Polizei nämlich eigentlich eine Dienststelle gegeben, um zu erfassen, was in den lokalen Polizeizonen passiert. Betonung auf "hat gegeben", dieser Dienst sei den Sparmaßnahmen zum Opfer gefallen, so De Kimpe. Und damit die letzte Möglichkeit, diese Daten zentral zu erfassen, Lehren daraus zu ziehen und den lokalen Polizeizonen als konstruktives Feedback zur Verfügung zu stellen. Beziehungsweise die Möglichkeit für die föderale Ebene, gegebenenfalls Missstände zu erkennen.
Fast noch frappierender ist allerdings ein anderer Umstand: Schon 2006 haben die Generalprokuratoren des Landes die lokalen Polizeizonen per Rundschreiben ausdrücklich aufgefordert, ihre Daten über Drogenkontrollen zentral erfassen zu lassen – allerdings passiert das nicht. Besagtes Rundschreiben wird seit bald 20 Jahren offenbar geflissentlich ignoriert.
Das bedeute aber natürlich nicht, dass die Polizeizonen dann keine Kontrollen durchführten, versichert die geschäftsführende Innenministerin Annelies Verlinden. Und es sei auch ganz sicher nicht so, dass dort Verkehrssicherheit keine Priorität sei, im Gegenteil. Verlinden führt das Problem beispielsweise auf den zusätzlichen verwaltungstechnischen Aufwand zurück, auf den Mangel an Personal oder auf andere organisatorische Gründe.
Aber auch sie stimmt zu, dass es in der Tat besser wäre, einen Gesamteindruck von den im Land durchgeführten Drogenkontrollen zu haben. Eine zentrale Erfassung der Daten sei wichtig, so Verlinden. Deswegen sei es auch nötig, sich erneut zusammenzusetzen, unter anderem mit den Generalprokuratoren. Dabei müsse diskutiert werden, wie die Regeln, die zwar bestünden, aber von den lokalen Polizeizonen nicht befolgt würden, deutlicher gemacht werden könnten, beziehungsweise wie sie, wenn notwendig, verschärft werden könnten.
Boris Schmidt