"Wärmepumpe nicht umweltfreundlicher als Gaskessel" - in der Zeitung De Standaard war das am Donnerstag eine Schlagzeile, die für viel Wirbel gesorgt hat, und auch weiter sorgt. Und es ist eine Schlagzeile, mit der zumindest der Professor, der die betreffende Doktorarbeit an der Universität Gent betreut, alles andere als glücklich ist. Zunächst einmal, weil sie schon einen irreführenden Eindruck vermittele, worum es in der Untersuchung überhaupt gehe, sagt Professor für Bautechnik Nathan Van Den Bossche in der VRT.
Die Doktorarbeit befasse sich mit der Frage, wie mit existierenden Gebäuden umgegangen werden solle. Also etwa mit der Frage ob und wie renoviert werden müsse, ob schrittweise Renovierungen Sinn machten, ob ein Abriss besser sei und so weiter. Dabei werde auch unter die Lupe genommen, welchen Einfluss die benötigten Materialien auf die Umwelt hätten und wie viel Energie über einen definierten Zeitraum durch die Renovierungsmaßnahmen eingespart werden könne.
Wärmepumpen im Herstellungsprozess umweltbelastender...
Zur Herstellung von Wärmepumpen würden bestimmte Metalle und Kunststoffe benötigt. Das sorge dafür, dass die sogenannte Gesamtumweltwirkung einer Wärmepumpe größer sei als die eines modernen Gasbrennwertkessels. Auch die in Wärmepumpen verwendeten Kühlmittel machten sich hier negativ bemerkbar. Das hätten andere Studien aus dem In- und Ausland aber schon in der Vergangenheit gezeigt.
...über die Jahre gleicht sich der Effekt aber aus
Und das sei auch nur eine Seite der Medaille, betont Van Den Bossche. Ein Brennwertkessel werde mit fossilen Brennstoffen betrieben. Über die Jahre wiege die Umweltwirkung des verbrauchten Gases also immer schwerer im Vergleich zur von der Wärmepumpe verbrauchten Elektrizität. Wenn man Herstellung und Betrieb zusammenrechne, komme nur ein sehr kleiner Unterschied zwischen den beiden Technologien heraus in puncto Umweltwirkung.
Geringerer CO2-Ausstoß durch Wärmepumpen
Das stimme zwar, aber lasse etwas Entscheidendes in den Hintergrund rücken: Dank Wärmepumpen könne der Ausstoß an Treibhausgasen um 30 bis 50 Prozent reduziert werden. Angesichts der heutigen Klimaproblematik der Erderwärmung sei das seiner Meinung nach prioritär. Außerdem sei die vorgegebene Marschrichtung auch unmissverständlich: Europa wolle weg von fossilen Brennstoffen. Daran gebe es auch nichts zu rütteln.
Das bedeute aber natürlich nicht, dass bei der Umweltwirkung von Wärmepumpen nicht noch viel Luft nach oben sei, führt der Experte aus. Daran werde auch bereits intensiv gearbeitet, zum Beispiel, was die benötigten Materialien und auch ihre Förderung und Herstellung angehe. Oder auch, was alternative, weniger schädliche Kühlmittel betreffe.
Isolierung des Gebäudes entscheidend für Einsatz von Wärmepumpen
Ein weiterer Aspekt: Die Größe der benötigten Wärmepumpe hänge maßgeblich auch von der Isolierung des betreffenden Gebäudes ab. Bessere Isolierung also gleich kleinere Wärmepumpe gleich weniger benötigte Materialien zur Herstellung der Wärmepumpe. Deshalb mache es absolut Sinn, zuerst die Isolierung von Gebäuden anzugehen, bevor man über den Einbau einer Wärmepumpe nachdenke.
Generell ist Van Den Bossche gegen rabiate Sofortlösungen, er plädiert für einen schrittweisen Übergang zu Wärmepumpen. Wenn ein Gaskessel kaputt sei, dann mache es wenig Sinn, ihn durch einen neuen zu ersetzen. Wenn jemand beispielsweise einen funktionierenden, erst einige Jahre alten Gaskessel habe, dann sei es nicht sehr schlau, den wegzuwerfen. Schließlich habe die Herstellung des Gaskessels auch schon eine Umweltwirkung gehabt. Das Beste sei also ein schrittweiser Umstieg auf Wärmepumpen zum jeweils logischen Zeitpunkt für einen Wechsel. Wobei man die Zwischenzeit eben auch nutzen könne, um schon mal die Isolierung des Gebäudes zu verbessern.
Boris Schmidt