Potenziell schlechter Ruf hin oder her - der Zeitarbeitssektor boomt in Belgien. Laut den Zahlen von Federgon, dem Interessenverband der Zeitarbeitsfirmen, arbeiten pro Jahr über 700.000 Menschen im Land als Leiharbeiter - eine durchaus beachtliche Zahl.
Die Gründe, sich für diese Art der Arbeit zu entscheiden, sind dabei sehr individuell, betont Paul Verschueren gegenüber der VRT. Verschueren ist Federgon-Direktor für Flandern. Es handele sich um eine sehr heterogene Gruppe von Menschen aus allen Schichten der Bevölkerung, so Verschueren, mit sehr unterschiedlichen Erwartungen und Motiven.
Mit dieser sehr diversen Gruppe hat sich nun also eine neue umfangreiche Studie befasst - beziehungsweise weniger mit den einzelnen Personen als vielmehr mit ihrer beruflichen Laufbahn über einen Zeitraum von insgesamt neun Jahren. Durchgeführt worden ist die Langzeitstudie dabei vom Untersuchungsinstitut für Arbeit und Gesellschaft (HIVA) der KU Löwen. Herausgekommen sind dabei im Prinzip drei große Schlussfolgerungen.
Zeitarbeit führt oftmals zu regulären Jobs
Erstens führe Zeitarbeit in den meisten Fällen zu einem festen Arbeitsverhältnis. Rund 70 Prozent der untersuchten Arbeitnehmer hätten in den fünf Jahren nach ihrer Tätigkeit als Leiharbeiter einen stabilen Job, führt KU-Löwen-Forscher Tim Goesaert aus. Sei es nun in Vollzeit, in Teilzeit oder als Selbstständiger. Das bedeute also auch, dass nur sehr wenige Menschen dauerhaft im Zeitarbeitssektor blieben, so Verschueren.
Tatsächlich rede man hier nur etwa über einen Anteil von 2,8 Prozent, also eine wirklich sehr begrenzte Zahl an Personen. Bei den meisten Leiharbeitern erfolge der Übergang zu einer Festanstellung bei einem regulären Arbeitgeber hingegen im Schnitt nach zwei oder drei Quartalen.
Schwer vermittelbare Arbeitnehmer kommen schneller in Arbeit
Zweite große Schlussfolgerung: Auch Menschen, die auf dem normalen Arbeitsmarkt oft mit Problemen zu kämpfen hätten, könnten oft von einer Tätigkeit als Leiharbeiter profitieren. Das betrifft also beispielsweise Langzeitarbeitslose, Langzeitkranke oder auch Empfänger eines Eingliederungseinkommens. Auch diese Gruppe habe eine große Chance, in den fünf Jahren nach Aufnahme ihrer Tätigkeit als Leiharbeiter eine feste Anstellung zu finden, betont Goesaert. Allerdings sollte man an dieser Stelle auch nicht unter den Tisch fallen lassen, dass sie auch Gefahr laufen, diese Jobs bei Problemen wieder relativ schnell zu verlieren.
Für Verschueren ist Zeitarbeit jedenfalls ein wichtiger Kanal, um diese eher arbeitsmarktfernen Profile relativ schnell in feste Arbeit zu bringen. Die Studie stelle auch fest, dass die vorherige Berufslaufbahn nicht allzu entscheidend sei für einen Erfolg auf dem Arbeitsmarkt mit der Zwischenstation Zeitarbeit, auch das unterstreiche die Rolle des Modells für eine bessere Inklusion dieser Menschen.
Jobber nutzen Zeitarbeit für Übergangszeit zwischen zwei Jobs
Und last but not least nutzten ein gutes Drittel aller Betroffenen Zeitarbeit als Übergang zwischen zwei Jobs, egal ob nun zwischen zwei Vollzeit- oder zwei Teilzeitstellen, erklärt Goesaert.
Gewerkschaften sehen Zeitarbeit allerdings weit weniger rosig. Regelmäßig klagen sie hohen Arbeitsdruck und vor allem - im Vergleich zu regulären Angestellten - schlechtere Löhne und Arbeitsbedingungen an. Davon will der Federgon-Direktor allerdings nichts wissen: So etwas bestätige die Studie nicht, bekräftigt Verschueren.
Boris Schmidt