"Das kann man nicht mehr den 'harten Kern' nennen. Das sind in meinen Augen keine Fans". Frederik Van Eenoo ist der Vorsitzende des Dachverbands der Club-Brügge-Fanclubs. Und er ist geschockt. Einige "Ultras" aus der "blau-schwarzen Familie" haben nämlich über die Stränge geschlagen. "Mal wieder, und diesmal richtig", möchte man sagen, denn dem harten Kern der Brügge-Fans eilt ohnehin schon ein zweifelhafter Ruf voraus.
Tatort Sclessin. Dort trafen am Sonntagabend Standard Lüttich und der FC Brügge aufeinander. Ein Spiel zwischen den beiden Traditionsmannschaften ist immer hochexplosiv. Kurz vor dem Anpfiff laufen neben der Heimmannschaft noch 300 Jugendspieler auf den Platz. Sie tragen farbige Masken. Die Botschaft: "Hautfarbe spielt keine Rolle". Eine Aktion gegen Rassismus also.
Doch scheint das einem Teil besagter Ultras nicht zu gefallen. Sie quittieren die Initiative mit dem sogenannten Kühnengruß: Ausgestreckter Arm, Daumen, Zeige- und Mittelfinger abgespreizt, so dass sie ein "W" zeigen. Dieses W steht anscheinend für "Widerstand", weswegen die Geste ursprünglich als "Widerstandsgruß" bekannt war. Später wurde sie umbenannt nach dem deutschen Neonazi Michael Kühnen. Ob nun Widerstands- oder Kühnengruß: Es ist eine Abwandlung des Hitlergrußes. Erfunden hat man das, um das insbesondere in Deutschland geltende Verbot zu umgehen. Und es war eben dieser "Kühnengruß", den also Dutzende Brügge-Fans im Stadion gezeigt haben. Fotos dieser erschütternden Szene werden seit Sonntagabend in Sozialen Netzwerken herumgereicht.
Er sei angeekelt von diesen Bildern, sagt Frederik Van Eenoo vom Dachverband der Fanclubs. Das sei reiner Rassismus. Und das dürfe nicht sein beim FC Brügge. Für ein solches Verhalten gebe es keinen Platz innerhalb der blau-schwarzen Familie.
Experten sind nicht wirklich überrascht. Denn dass Rassismus im Fußball ein Problem ist, das ist - leider - nichts Neues. Bester Beweis ist ja schon allein die Tatsache, dass eine Anti-Rassismus-Initiative überhaupt organisiert werden musste. Aber dass selbst solche Aktionen zu gewissen Leuten offenbar gar nicht mehr durchdringen, mehr noch: dass sie darauf mit einem Nazi-Gruß reagieren, das ist dann doch schockierend.
"Der Fußball ist mehr und mehr von Rassismus durchsetzt. Und er ist damit im Übrigen auch ein Spiegelbild unserer Gesellschaft", sagte in der RTBF der Rechtsextremismus-Experte Manuel Abramowicz. "In gewissen Fankreisen macht sich rechtsextremes Gedankengut breit. Das gilt immer noch für eine Minderheit. Das Problem sieht man nicht nur beim FC Brügge, sondern z.B. auch ein paar Kilometer weiter nördlich in Beerschot."
Das macht's natürlich nicht besser. Und auch der FC Brügge reagierte noch am Abend auf die abstoßenden Fotos im Netz. Man habe Kenntnis genommen von Bildern, die "ein ausgesprochen unangemessenes Verhalten auf Tribünen zeigen". Der Club betont, "dass er dies sehr ernst nehme und weitere Untersuchungen durchführen werde".
Das hat er später auch getan. 24 "Fans" seien identifiziert und ein Verfahren zur Verhängung eines Stadionverbots eingeleitet worden. Auf den fraglichen Fotos sind allerdings deutlich mehr als 24 Fans zu sehen.
Roger Pint