Der Trend bestätigt sich: Schon seit gut zwei Jahren werden in Belgien sichtbar weniger Häuser und Wohnungen verkauft. Und im ersten Halbjahr hat sich der Immobilienmarkt also weiter abgekühlt. Das geht aus dem neuen Immobilienbarometer des Verbands des Belgischen Notariatswesens hervor. Im Landesdurchschnitt wurden demnach 3,9 Prozent weniger Wohnungskäufe abgewickelt.
In Flandern und in der Wallonie sieht man da ein sehr ähnliches Bild. In beiden Landesteilen war die Zahl der Immobilientransaktionen jeweils um rund vier Prozent rückläufig. In Brüssel war der Rückgang etwas weniger ausgeprägt, da sank die Zahl der Transaktionen nur um 1,5 Prozent.
An sich ist das nicht wirklich neu. Nur hatte das bislang so gut wie keinen Einfluss auf die Preise. Im Gegenteil: Vor allem in Flandern waren die Preise in den letzten Jahren noch weiter gestiegen, als wäre nichts gewesen. Genau da sieht man jetzt aber doch mal eine Schubumkehr.
Besonders ausgeprägt ist das in der Wallonie und in Brüssel. Hier sind die Preise tatsächlich gesunken, wenn auch nicht spektakulär. Im Durchschnitt zahlte man um die 1,5 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum 2023. Konkret kostet in Brüssel ein Haus im Durchschnitt rund 550.000 Euro, in der Wallonie 235.000 Euro.
In Flandern muss sich der Trend erst noch durchsetzen. Hier sind die Preise im ersten Halbjahr immer noch leicht gestiegen: um 1,1 Prozent. Die Inflation lag im selben Zeitraum aber bei zwei Prozent, also auch da sieht man die Abkühlung. Im nördlichen Landesteil kostet ein Haus übrigens im Durchschnitt rund 360.000 Euro.
Bei den Appartements sieht man eine sehr ähnliche Entwicklung: ein leichter Preisrückgang in der Wallonie, eine Stabilisierung in Flandern, nur in Brüssel sind die Preise für Wohnungen noch einmal um 1,5 Prozent gestiegen. Ein Appartement in der Hauptstadt kostet jetzt im Durchschnitt 285.000.
Bei alledem gibt es natürlich erhebliche Unterschiede je nach Region. Beispiel Wallonie: In der Provinz Hennegau kostet ein Appartement 170.000 Euro, in der Provinz Wallonisch-Brabant fast 100.000 Euro mehr. Die Provinz Luxemburg liegt mit rund 220.000 Euro in etwa in der Mitte.
Angebot und Nachfrage
Jetzt ist die Abkühlung also wirklich da. Das erkläre sich eben durch die schwindende Nachfrage, sagte Bart Van Opstal von notaris.be in der VRT. Dieses Grundgesetz der Marktwirtschaft haben wir lange Zeit noch nicht gesehen, aber jetzt zeigt sich die allgemeine Abkühlung am Immobilienmarkt eben auch bei der Preisentwicklung.
Wird sich der Trend weiter fortsetzen? Oder wäre jetzt ein günstiger Zeitpunkt für all diejenigen, die vielleicht schon länger über einen Immobilienkauf nachdenken? "Ein günstiger Zeitpunkt", sagt ein Experte in Het Laatste Nieuws, der sogar von einem "goldenen Moment" spricht. Viel wird wohl von der Entwicklung der Zinsen abhängen.
Weil sich die Inflation wieder eingependelt hat, wird allgemein über Zinssenkungen spekuliert, wobei sich die EZB-Präsidentin Christine Lagarde da bislang aber noch sehr bedeckt hält. "Man muss hier den richtigen Zeitpunkt erwischen", sagen Experten in Het Laatste Nieuws. Denn wenn die Zinssenkungen einmal da sind, dann kommt mit einem Mal Sauerstoff in den Markt, und dann könnten die Preise sehr schnell wieder anziehen.
Noch eine interessante Zahl: Das Durchschnittsalter der Käufer beläuft sich auf ziemlich genau 40 Jahre. Das sagt dann doch, was es sagt: Für junge Menschen ist der Traum von den eigenen vier Wänden schwer zu verwirklichen. Immerhin bleibt die Zahl der jungen Käufer unter 30 mehr oder weniger stabil, ist sogar leicht gestiegen: Fast drei von zehn Menschen, die sich im ersten Halbjahr ein Eigenheim gekauft haben, waren 30 oder jünger. In Brüssel sind es deutlich weniger, nämlich nur zwei von zehn.
Das alles ist natürlich immer nur eine Momentaufnahme. In sechs Monaten kann die Welt schon wieder ganz anders aussehen…
Roger Pint