In Hosen- und Jackentaschen, in Sofaritzen, in irgendwelchen Portemonnaies oder Spardosen, ja selbst in so manchem Kinder-Kaufladen oder einfach zur Deko dürften sich hierzulande viele Münzen tummeln. Das Finanzministerium schätzt, dass in Belgien bis zu 212 Millionen Münzen ungenutzt herumliegen, bestätigt Sprecher Francis Adyns gegenüber der VRT.
Da kommt dann potenziell auch schnell Einiges zusammen: zwischen 80 und 100 Euro nur in Münzen bei einem Vierpersonenhaushalt beispielsweise. Und das ist Geld, das nicht genutzt wird und damit nicht im Umlauf ist. Oder wie Adyns es ausdrückt: Die Münzen sind im Umlauf, ohne wirklich im Umlauf zu sein.
Damit fehlen sie logischerweise an anderer Stelle, zum Beispiel in den Kassen von Händlern. Denn viele Menschen bezahlen fast überall nur mit Karte. Sie scheiden also als Wechselgeld-Quelle aus. Und von denen, die ihre Transaktionen tatsächlich noch in Cash abwickeln, bezahlen die meisten mit Scheinen. Denn das ist, was Geldautomaten nun mal ausgeben. Sprich auch sie reduzieren die Münzvorräte der Händler eher, als dass sie sie auffüllen. Auch von den Banken bekommen die Händler immer seltener ausreichende Mengen an Münzen.
Der Einzelhandel klopfe deshalb regelmäßig beim Finanzministerium beziehungsweise bei der Königlichen Münze an mit der Bitte, mehr Münzen herzustellen, um wieder genug Wechselgeld zu haben. Eigentlich gebe es aber mehr als genug Münzen, unterstreicht Adyns: 4,2 Milliarden Münzen seien aktuell in Belgien im Umlauf. Das sei so viel wie nie zuvor. Aber das sei eben nur die Theorie, in der Praxis verschwinde das Geld oft ungenutzt irgendwo.
Münzproduktion
Einfach immer mehr Münzen herzustellen, sei auch keine Lösung, betont Ministeriumssprecherin Florence Angelici gegenüber der RTBF. Man könne so viele Münzen produzieren, wie man wolle, ein bestimmter Anteil werde nur ein einziges Mal genutzt und lande dann auf Nimmerwiedersehen sonst wo.
Außerdem kostet die Herstellung von Münzen ja auch etwas. Bei den wertmäßig kleinen Denominationen koste die Produktion einer Münze sogar mehr als sie theoretisch wert sei.
Dann ist da noch das Problem mit den benötigten Rohstoffen: Die heutigen Münzen bestehen unter anderem aus Kupfer und Nickel. Diese Metalle müssen aus Südamerika und Asien herangeschafft werden. Und das koste nicht nur Geld, sondern sorge auch für einen erheblichen CO2-Ausstoß - so wie auch die Herstellung und andere Produktionsschritte. Sprich wir reden nicht nur von monetären Kosten, sondern auch von Kosten für die Umwelt, wenn immer neue Münzen hergestellt werden müssen.
Und mit der Herstellung ist es ja auch noch nicht getan: Die Münzen müssen ja auch noch irgendwie zu den Endbenutzern gelangen. Dafür seien gesicherte Transporte notwendig, erinnert Angelici. Und das koste den Staat und damit die Gesellschaft auch eine ganze Stange Geld.
Sensibilisierungskampagne
Deswegen appellieren das Finanzministerium und auch die Banken eindringlich, kleine Summen doch bitte wo möglich mit Münzen zu bezahlen. Dazu hat das Finanzministerium heute in den Sozialen Medien auch eine Sensibilisierungskampagne gestartet unter dem Hashtag #spendyourchange, übersetzt also "Gib dein Wechselgeld aus".
Außerdem könnten die Menschen ihre gehorteten Münzen im Prinzip auch direkt bei den Banken umtauschen beziehungsweise auf ihrem Konto gutschreiben lassen, teilt der Bankenverband Febelfin mit. Allerdings sei es besser, zuerst abzuklären, wo das möglich sei, und ob der Service auch kostenlos sei, so eine Febelfin-Sprecherin.
Und zum Schluss noch zwei kleine Randnotizen: Wer bei der heimischen Schatzsuche jetzt noch auf belgische Franken-Münzen stoßen sollte, braucht sich nicht die Mühe zu machen, sie zur Bank zu bringen. Denn Franken-Münzen werden leider seit fast genau 20 Jahren nicht mehr umgetauscht. Und Münzen horten, ist natürlich auch kein spezifisch belgisches Hobby. Unsere deutschen Nachbarn haben beispielsweise immer noch Mark- und Pfennigstücke mit einem geschätzten Wert von umgerechnet über drei Milliarden Euro irgendwo herumliegen.
Boris Schmidt