Die föderale Ebene
Stand der Dinge auf föderaler Ebene ist, dass Informator Bart De Wever dem König am Mittwoch seine erste Startnote vorlegen wird, also ein erstes Papier, in dem steht, wie die Chancen stehen, eine Koalition auf föderaler Ebene zu bilden.
Welche Parteien davon betroffen sind, ist kein Geheimnis – auch wenn der Inhalt von De Wevers Schreiben natürlich nicht öffentlich bekannt ist. Aber es ist davon auszugehen, dass De Wever dem König eine so genannte Arizona-Koalition als machbar vorschlagen wird mit den Parteien MR und Les Engagés von frankophoner Seite und De Wevers N-VA, der CD&V und Vooruit von flämischer Seite, also eine Mitte-Rechts-Koalition mit einem sozialistischen Touch durch Vooruit. Zusammen hätten diese Parteien 81 von 150 Sitzen in der Kammer.
Allerdings ist diese Koalition noch nicht unter Dach und Fach. Denn es gibt zwei große Problemfelder. Erstens steht die N-VA-Forderung nach mehr Unabhängigkeit von Flandern, nach einer möglichen Staatsreform o. ä. im Raum, was MR und Les Engagés eigentlich gar nicht wollen. Zweitens schert Vooruit als sozialistische Partei ideologisch klar aus der Gruppe der anderen Mitte-Rechts-Parteien dieser Koalition aus.
Vooruit hat sich am Wochenende deshalb auch kritisch zu dieser Koalition geäußert, was wohl als Zeichen gewertet werden muss, dass sich die Partei positionieren und teuer verkaufen möchte, um linke Überzeugungen in die Koalition zu bringen. Eine Einigung scheint allerdings nicht unmöglich, auch wegen der wahrscheinlichen neuen Koalition in Flandern.
Flandern
In Flandern läuft alles auf eine Mehrheit zwischen N-VA, CD&V und wieder Vooruit hinaus. Jüngste Entwicklung hier: Bart De Wever hat den Parteivorsitzenden von CD&V und Vooruit am Dienstag seine Startnote vorgelegt - jeweils in Einzelgesprächen.
Auch hier ist natürlich die Frage: Wie kann man die Sozialisten von Vooruit einbinden in eine Politik von Mitte-Rechts? Für die föderale Ebene kann es ein Vorteil sein, dass Vooruit jetzt schon mal sieht, wie weit De Wever der Partei auf flämischer Ebene entgegenkommt. Das kann Vertrauen stiften bei Vooruit und dann vielleicht auch eine Beteiligung von Vooruit an einer Föderalregierung einfacher machen.
Vergessen darf man auch nicht: Bart De Wever kann durchaus mit Vooruit. In Antwerpen regiert er als Bürgermeister zusammen mit den Sozialisten. Das klappt ganz gut. Warum sollte es deshalb nicht auch in Flandern und dann auch auf föderaler Ebene möglich sein?
Wallonie und Französische Gemeinschaft
In der Wallonie haben die Parteichefs der beiden Wahlsieger MR und Les Engagés, Georges-Louis Bouchez und Maxime Prévot, schon ziemlich schnell nach den Wahlen gesagt, zusammen arbeiten zu wollen. Sie wollen sowohl die Regierung in der Wallonie als auch der Französischen Gemeinschaft bilden.
Mitarbeiter der Parteien sind aktuell dabei, die Details einer solchen Zusammenarbeit vorzubereiten und Papiere zu erstellen, die als Richtschnur für die neuen Regierungen dienen können. Bouchez und Prévot haben diese Woche begonnen, Vertreter der Zivilgesellschaft zu treffen. Dort holen sie sich weiteren Input für die Zusammenarbeit.
Wann alles spruchreif sein kann, ist noch nicht klar. Bei der RTBF ist zu lesen, dass das durchaus noch einige Wochen dauern kann.
Hauptstadtregion Brüssel (aus frankophoner Sicht)
In Brüssel ist es kompliziert. Auch in Brüssel würde die MR gerne mit Les Engagés zusammen regieren. Aber die Zahl der Sitze reicht nicht für eine Mehrheit. Andere Parteien müssen dazukommen. Problem nur: Keiner will so richtig. Die PS will ja überall in die Opposition gehen, Ecolo und Défi haben in Brüssel deutlich verloren und wollen deshalb wohl auch lieber in die Opposition. Mit der PTB wollen wiederum MR und Les Engagés nicht.
Brüssels MR-Chef David Leisterh muss sich deshalb etwas einfallen lassen. Am Dienstag hat er damit begonnen, verschiedene Vertreter der Zivilgesellschaft zu treffen. Aus den Gesprächen könnte er neue Anregungen für mögliche Koalitionen bekommen.
Kay Wagner