Vor einem halben Jahrhundert waren Frauen in der Ausbildung zum Allgemeinmediziner in der klaren Minderheit. Heute sieht die Welt anders aus, zumindest in Belgien.
Doppelt so viele Frauen wie Männer absolvieren heute ein Allgemeinmediziner-Studium. Die Zahl der Frauen, die sich für den Masterstudiengang entscheiden, steigt auch weiter an, während ihre männlichen Kollegen immer weniger werden.
Und der Trend zur Geschlechterwende ist nicht aufzuhalten: In einem kürzlich erschienenen Bericht des föderalen Gesundheitsministeriums über Allgemeinmediziner heißt es, dass bis zu 15 Prozent der männlichen Allgemeinmediziner bald in den Ruhestand gehen werden, aber nur drei Prozent der weiblichen Kollegen. Derzeit sind die männlichen Allgemeinmediziner mit rund 6.700 gegenüber knapp 6.000 Frauen noch in der Überzahl.
Dass die Frauen deutlich aufholen, zeigt noch ein anderer Wert. Ihre Gesamtzahl ist in einem Jahrzehnt um 62 Prozent gestiegen, während die Zahl der männlichen Hausärzte um 14 Prozent gesunken ist.
Dass immer mehr Frauen als Hausärzte in den Arbeitsmarkt eintreten, dafür gibt es einen guten Grund, glaubt der VUB-Professor für Familienmedizin, Dirk Devroey. "Das Bemühen um psychisches Wohlbefinden und die Work-Life-Balance führen dazu, dass immer mehr Frauen den Weg in die freien Berufe finden."
"Durch die bessere Organisation des Berufs durch Gruppenpraxen und Bereitschaftsdienstpläne ist der Beruf des Allgemeinmediziners weniger belastend für das Privat- und Familienleben als früher", sagt Devroey. Patienten haben jedenfalls zurzeit die Wahl, ob sie lieber einen Mann oder eine Frau als Hausarzt konsultieren.
Eine jüngste Untersuchung hat übrigens ergeben, dass ein Allgemeinmediziner sich in Belgien durchschnittlich 15 Minuten Zeit für ein Gespräch mit einem Patienten nimmt. In Bangladesh sind es 48 Sekunden.
morgen/vrt/mz