Die Uhr tickt für Bart De Wever. Zumindest in seiner Rolle als Informator. Denn dazu hat König Philippe den N-VA-Vorsitzenden ja am Donnerstag gemacht. Nächsten Mittwoch soll der frischgebackene Informator dem König erstmals Bericht erstatten über die Suche nach einer möglichen neuen Föderalregierung.
Oberste Maxime De Wevers scheint dabei absolute Diskretion zu sein. Denn bisher schweigt er eisern über seine Arbeit als Informator und hat auch vor, das weiter zu tun, wie er über seine Mitarbeiter hat mitteilen lassen. Er will auch nicht auf Äußerungen anderer Politiker reagieren. Frei nach dem Motto: Öffentliche Äußerungen sorgen im Zweifelsfall nur für Unruhe in der ohnehin delikaten Mission.
Aber während De Wever also das Rampenlicht meidet, machen seine potenziellen Koalitionspartner in spe das genaue Gegenteil. Conner Rousseau von Vooruit ließ sich bei VTM und VRT darüber aus, dass er die Chancen als sehr klein betrachtet, dass seine Partei einer föderalen Koalition beitritt. Der Grund: die Sparpläne der Mitte-Rechts-Parteien. Diese Parteien wollten im Gesundheitswesen sparen, so Rousseau bei der VRT. Außerdem wollten sie auch nicht, dass große Vermögen einen ehrlichen Beitrag leisteten zu den notwendigen finanziellen Anstrengungen. Das genaue Gegenteil von dem also, wofür die Vooruit-Wähler gestimmt hätten.
Vooruit werde sich weiter konstruktiv zeigen und vernünftig bleiben, versprach Rousseau. Aber wenn es bei diesen Signalen bleibe, dann glaube er nicht, dass es viel Spielraum für eine Zusammenarbeit gebe.
Bleibt die Frage, ob Rousseau hier wirklich nur hoch pokert, um mehr Zugeständnisse zu erreichen, oder ob Vooruit tatsächlich lieber föderal in die Opposition gehen würde. Fest steht nur: Rousseaus Worte haben Gewicht, schließlich wird er aller Voraussicht nach bald wieder Präsident von Vooruit sein. Und er wird es sein, der die Verhandlungen für die flämischen Sozialisten über neue Koalitionen maßgeblich führen wird.
Nicht lang nach diesem Auftritt fanden sich dann Georges-Louis Bouchez, Maxime Prévot und Sammy Mahdi, also die Präsidenten von MR, Les Engagés und CD&V, bei der RTBF ein zum Debattieren. Und die waren von Rousseaus Auftritt wenig begeistert.
Er verstehe ja, dass es für Vooruit schwierig sei, die frankophone Schwesterpartei PS loszulassen, so etwa Mahdi. Denn die PS hat nach dem Siegeszug vor allem der MR ja angekündigt, in die Opposition gehen zu wollen. Aber Vooruit solle den Wählerwillen respektieren und sich an den Verhandlungstisch setzen. Dann werde man sehen, welche Gemeinsamkeiten es gebe – und sich erst danach darüber aussprechen, ob es was werden könne oder nicht.
Es sei nicht sehr schlau, schon wieder mit politischen Spielchen zu beginnen wie 2019-2020, kritisierte auch Bouchez. Er sei überrascht, dass Rousseau so etwas schon betreibe, obwohl er noch nicht einmal wieder Parteichef sei. Er fordere deswegen alle Beteiligten auf, die Ruhe zu bewahren.
Aber es hakt bei der potenziellen Arizona-Koalition durchaus nicht nur bei Vooruit. Mathematisch liege diese Koalition vielleicht auf der Hand, so Prévot, aber sicher nicht politisch. Denn während es durchaus viele Gemeinsamkeiten gibt, gibt es auch grundlegende Meinungsverschiedenheiten in verschiedenen Dossiers. Dazu gehören unter anderem Einschnitte im Gesundheitssystem – die MR besteht darauf, Les Engagés und CD&V sind wie Vooruit strikt dagegen. Es ist also deutlich: Eine neue föderale Koalition ist noch längst nicht in trockenen Tüchern.
Boris Schmidt