Es ist nicht das erste Mal, dass eine Regierung den Sozialpartnern ein Rahmentarifabkommen aufzwingt - das ist auch vom Gesetzgeber so vorgesehen.
Enthalten in dem neuen Rahmentarifabkommen: eine Erhöhung der Mindestlöhne um 120 Euro pro Jahr und Anhebung einer Reihe von Sozialleistungen. Die automatische Angleichung der Löhne an die Lebenshaltungskosten bleibt nach wie vor unangetastet - plus 0,3 Prozent obendrauf ab 2012.
Mitte Januar, nach monatelangen Verhandlungen, hatten sich Arbeitgeber und Gewerkschaften auf ein neues Rahmentarifabkommen geeinigt. Das sah unter anderem Lohnerhöhungen für die Beschäftigten in der Privatwirtschaft vor. Zudem wurde die seit Jahren diskutierte Angleichung des Arbeiter- und Angestelltenstatuts auf den Weg gebracht.
Bei der Befragung ihrer jeweiligen Basis fiel das Abkommen aber bei zwei Gewerkschaften durch: bei FGTB und CGSLB. Die Regierung unternahm daraufhin, wie in diesem Fall üblich, einen Vermittlungsversuch. Doch auch die korrigierte Fassung wurde von den beiden Gewerkschaften verworfen.
Landesweite Protestaktion am 4. März
Jetzt hat der Ministerrat die abgeänderte Fassung gegen den Willen der sozialistischen und der liberalen Gewerkschaft verabschiedet.
Gewerkschaftsanhänger haben am frühen Nachmittag vor dem Sitz der wallonischen Mittelstandsvereinigung UCM in Namür protestiert. Auch im flämischen Gent fanden ähnliche Protestaktionen statt. Die FGTB hat für nächsten Freitag zu landesweiten Streikaktionen aufgerufen.
Rahmentarifabkommen: Leitfaden für Lohnverhandlungen
Ein Rahmentarifabkommen – man spricht auch von Manteltarifabkommen – legt die Grundsätze und Eckdaten für die Lohnentwicklung innerhalb der nächsten zwei Jahre fest, ebenso wie die Basisprinzipien des Verhältnisses zwischen Arbeitgebern und Arbeitern oder Angestellten.
Zum Beispiel beinhaltet es in Belgien das Prinzip, dass die Löhne der Entwicklung der Lebenshaltungskosten angepasst werden, sobald diese um zwei Prozent steigen (auch im neuen Entwurf weiter vorgesehen). Es beinhaltet aber auch die Lohnnorm, die nicht überschritten werden darf, um die Konkurrenzfähigkeit der belgischen Unternehmen nicht zu gefährden.
Das Rahmentarifabkommen ist also ein Art Leitfaden, an dem sich die Sozialpartner bei Lohnverhandlungen in den einzelnen Wirtschaftszweigen und Betrieben zu orientieren haben.
belga/alk/rop/km - Bild: Julien Warnand (belga)