"Ein solch direkter iranischer Angriff auf Israel ist ohne Beispiel". Mit scharfen Worten verurteilte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Attacke auf Israel nach einem Treffen der G7, der wirtschaftlich stärksten Demokratien der Welt. Die Mitglieder hätten allesamt ihre uneingeschränkte Solidarität mit dem israelischen Volk zum Ausdruck gebracht und außerdem ihr unbedingtes Engagement für die Sicherheit des Landes erneuert.
Der Iran hatte den Angriff am späten Samstagabend gestartet. Über 300 "Flugkörper aller Art", wie es die israelische Armee formulierte, wurden in Richtung Israel geschickt, hauptsächlich Drohnen und auch ballistische Raketen. Da insbesondere Drohnen recht langsam fliegen, und zwischen beiden Ländern immerhin noch rund 1.000 Kilometer liegen, hatte das israelische Militär genug Zeit, die Flugkörper abzufangen. Einige Beobachter glauben, dass genau das auch in Teheran genau so gewollt war: Es handelte sich demnach mehr um einen symbolischen Warnschuss als um einen wirklich ernsthaften militärischen Angriff. Für das Mullah-Regime ging es allein darum, Rache zu nehmen für eine mutmaßlich israelische Attacke auf das Gelände der iranischen Botschaft in Damaskus. Dabei waren unter anderem zwei Brigadegeneräle ums Leben gekommen.
Unkontrollierbare Eskalation vermeiden
Aber, egal wer da nun wen attackiert: "Jeder Angriff ist einer zu viel", sagte Premierminister Alexander De Croo in der VRT. "Ob nun Israel ein Nachbarland angreift oder umgekehrt; solche Militäroperationen sollten tunlichst unterlassen werden."
Außenministerin Hadja Lahbib hat ihrerseits angekündigt, den iranischen Botschafter einzubestellen.
Der Iran verstärke mit seinem Angriff auf Israel die Gefahr einer unkontrollierbaren Eskalation in der Region - und genau das gelte es zu vermeiden, mahnte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Man rufe denn auch den Iran und auch seine Verbündeten auf, die Angriffe einzustellen. Alle Parteien sollten maximale Zurückhaltung üben.
Premierminister De Croo formulierte es ähnlich. Natürlich habe Israel das Recht auf Selbstverteidigung. "Wir würden auch alles tun, um unsere Bevölkerung zu schützen, wenn man uns 300 Drohnen und Raketen auf den Hals hetzt", sagte De Croo in der VRT. "Doch sollten alle Akteure hier betont behutsam vorgehen, um zu vermeiden, dass die Situation weiter entgleist und am Ende unkontrollierbar wird."
Ursula von der Leyen spannte ihrerseits den Bogen weiter, und zwar bis zum Gazakrieg. Denn es liegt auf der Hand, dass der militärische Konflikt zwischen Israel und der Hamas, und insbesondere das israelische Vorgehen im Gazastreifen der eigentliche Ursprung der Eskalation der letzten Zeit sind, die Spannungen zumindest ständig befeuern. Der Konflikt müsse schnellstens beendet werden, sagte die EU-Kommissionsvorsitzende. In einer ersten Phase bedürfe es einer sofortigen Feuerpause und der gleichzeitigen Freilassung aller noch in den Händen der Hamas verbleibenden israelischen Geiseln. Parallel dazu müsse dringend die Möglichkeit geschaffen werden, der notleidenden Bevölkerung im Gazastreifen zu helfen.
Beratungen über möglichen Gegenschlag
Jetzt blickt die Welt aber erstmal gebannt nach Israel. Die Regierung um Ministerpräsident Netanjahu berät nach wie vor über einen möglichen Gegenschlag nach der Attacke vom Wochenende.
Die wichtigsten Verbündeten üben derzeit gehörigen Druck aus, um Israel zur Mäßigung zu bewegen. US-Präsident Joe Biden soll Netanjahu in einem Telefonat gesagt haben, dass Israel die Abwehr des iranischen Angriffs als "Sieg" betrachten und es dabei belassen solle. Ähnliche Töne gab's aus Frankreich und Großbritannien. Die Welt hält weiter den Atem an.
Roger Pint