Außer Reklame und Postwurfsendungen war heute bei vielen wieder nichts drin im Briefkasten. Nach dem Generalstreik bei der belgischen Post letzten Freitag kam es letzte Nacht zu weiteren Arbeitsniederlegungen.
Betroffen sind die drei Sortierzentren von Lüttich, Charleroi und Brüssel. Auch wenn dort in der letzten Nacht Brief- und Paketpost sortiert wurde, konnten diese Sendungen nicht an die Postämter ausgeliefert werden, weil streikende Postler den Transport verhindert haben.
Das bedeutet nach Angaben eines Unternehmenssprechers von BPost, dass in den Provinzen Lüttich, Luxemburg, Hennegau, Namur, Brüssel, sowie Wallonisch- und Flämisch-Brabant heute nur wenig oder gar keine Post zugestellt werden kann.
Protest gegen Zukunftsplan
Zu der Protestaktion haben die christliche und sozialistische Gewerkschaften gemeinsam aufgerufen. Sie wehren sich gegen den strategischen BPost-Unternehmensplan für die Jahre 2011 bis 2015. Dieser Plan sieht Investitionen in Höhe von 200 Millionen Euro in der Wallonie, Flandern und Brüssel vor - geht aber gleichzeitig mit einer tiefgreifenden Umstrukturierung bei der Organisation der Logistik der belgischen Post einher.
So werden die fünf großen Sortierzentren (Brüssel, Charleroi, Lüttich, Antwerpen und Gent) dahingehend umorganisiert, dass ihre Tätigkeiten weit über das hinausgehen, was dort jetzt abgewickelt wird. Diese fünf Sortierzentren werden nämlich zukünftig nach dem Willen von BPost-Chef Johnny Thijs Briefe und Paketsendungen auch regional - also bis zum Bestimmungsport des Adressaten und für die Runden der Postboten - vorsortieren. Nur in Charleroi, Gent und Brüssel wird dann noch national vorsortiert.
Folge hiervon ist, dass die Arbeit, die jetzt noch von Briefträgern in gut 400 über das Land verteilten Postämtern getan wird, dort nicht mehr anfällt. Um es kurz zu fassen: Viele Briefträger machen sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz. Andere fürchten einen deutlich höheren Arbeitsdruck. Die Gewerkschaften fürchten jedenfalls deutliche Auswirkungen auf die Belegschaft, von der man künftig eine noch größere Flexibilität verlangen dürfte. Allerdings scheint festzustehen, dass fristlose Kündigungen bis 2015 bei der Post ausgeschlossen sind.
Treffen zwischen Thijs und Gewerkschaften am Dienstag
Die Gewerkschaften erwarten bei höheren Anforderungen in Sachen Flexibilität einen finanziellen Ausgleich für die Postbediensteten. Erst kürzlich hatte der Plan, Hilfspostboten mit Minimalentlohnung einzustellen, ebenfalls für Unmut gesorgt. Hier hat Postchef Thijs zugesagt, mit sich reden zu lassen.
Was die Zukunft der Beschäftigten in den Sortierzentren angeht, so haben die Gewerkschaftsvertreter am Dienstag die Gelegenheit, hierüber mit Johnny Thijs zu reden, denn dann ist ein Gespräch zwischen den Arbeitnehmervertretern und dem Postchef geplant. Vom Ausgang dieser Unterredung dürfte unter anderem abhängen, ob mit weiteren Streiks bei der Post zu rechnen ist, oder ob die Zustellung von Briefen und Paketen sich in den kommenden Tagen wieder normalisiert.
Bild: Bruno Fahy (belga)