Im Grunde stand bei dem Verfahren vor dem Strafgericht von Gent nur eine Person im Mittelpunkt, nämlich Dries Van Langenhove. Er war mit Abstand der prominenteste Angeklagte. Schließlich hat der inzwischen 30-Jährige einige Jahre im föderalen Parlament gesessen, nachdem er 2019 auf einer Liste des Vlaams Belang in die Kammer gewählt worden war. Und Van Langenhove war immerhin auch der Chef von Schild&Vrienden, also der Organisation, um die es in dem Verfahren ging.
Vor etwas mehr als fünf Jahren hatte das VRT-Magazin Pano der Jugendorganisation eine Reportage gewidmet. Schild&Vrienden galt als stramm rechter, konservativer Verein, der sich bis dahin vielleicht hart an der Grenze bewegte, aber nicht drüber. Bis Pano der Organisation die Maske abriss: Das Magazin hatte Einblick in eine interne Chat-Gruppe bekommen. Darin befanden sich Zehntausende Posts, voll mit rassistischen und sexistischen Inhalten, bis hin zur Verharmlosung oder Verhöhnung des Holocaust.
Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf; einige Menschenrechtsgruppen und jüdische Vereinigungen schlossen sich als Nebenkläger dem Verfahren an. Und nach einer langen Odyssee, gespickt mit Verzögerungsversuchen der Verteidigung, konnte der Prozess dann Anfang des Jahres endlich beginnen.
Am Dienstag dann die Urteilsverkündung - und insbesondere Dries Van Langenhove bekam da sein Fett weg. Van Langenhove habe die übrigen Angeklagten mit hineingezogen in seine rassistische, hasserfüllte, nationalsozialistische und negationistische Propaganda, mit der er Menschen gegen andere aufhetzen wolle, sagte der Richter. Und der Angeklagte habe zudem noch viele weitere Menschen dazu angespornt, ihm darin zu folgen.
Van Langenhoves Ziel sei es, eine feindliche Atmosphäre innerhalb der Gesellschaft zu schaffen und noch mehr Streit, Zwiespalt, Konflikte und Gewalt zu schüren. Und schließlich habe er auch noch die Demokratie untergraben wollen, um sein Gesellschaftsmodell durchzusetzen, in dem die Weißen das Sagen haben. Das alles deute hin auf eine besonders gefährliche Gesinnung.
Van Langenhove betont weiter seine Unschuld
Das Urteil fiel entsprechend hart aus: ein Jahr Haft ohne Bewährung, 16.000 Euro Geldbuße und dann noch kleinere Bewährungsstrafen. Außerdem werden ihm für zehn Jahre die bürgerlichen Ehrenrechte entzogen, kann er sich also nicht mehr zur Wahl stellen. Die übrigen Angeklagten wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt.
Van Langenhove selbst war nicht anwesend. Trotz seiner Verurteilung beteuert er weiter seine Unschuld. Er habe keine Straftat begangen, erklärte er in einer ersten Reaktion in sozialen Medien. Sein Anwalt kündigte an: "Wir legen Berufung ein".
Nebenkläger erleichtert
Erleichterung demgegenüber bei den Nebenklägern. Das sei ein außerordentlich wichtiges Urteil, sagte etwa Kati Verstrepen von der Menschenrechtsliga in der RTBF. Die Botschaft laute schließlich, dass auch der Meinungsfreiheit Grenzen gesetzt sind, dass man auch im Netz nicht sagen darf, was man will, dass Rassismus nicht toleriert und auch bestraft wird.
Abderrahim Lahlali, der eine Nebenklägerin vertrat, nannte das Urteil in der VRT sogar "historisch". In dem Sinne, dass man in der Tat auch wegen Hassrede und Volksverhetzung belangt werden kann, selbst, wenn sich das Ganze in einer geschlossenen Chatgruppe abgespielt hat.
Anders gesagt: Für Menschenrechtsgruppen ist das Urteil eine Warnung an alle, die immer noch glauben, dass das Internet ein rechtsfreier Raum ist, in dem man ungestraft andere Menschen beschimpfen, diskriminieren und bedrohen darf. Spätestens jetzt sollte man wissen, dass dem nicht so ist. Und das sollte den einen oder die andere eben in Zukunft auch davon abhalten, so etwas zu tun.
Rechtskräftig ist das Urteil allerdings noch nicht. Weil die Verteidigung von Dries Van Langenhove Berufung angekündigt hat, wird sich zunächst noch der zuständige Appellationshof über die Sache beugen müssen.
Roger Pint
im Gefängnis landet der nie. Erstmal in die Länge ziehen durch Berufungen, und zum Schluss vielleicht eine Geldstrafe, die er locker wegsteckt. Dazu ist diese Bande zu sehr mit gut vernetzten Persönlichkeiten Flanderns verbunden. Sein hämisches Lachen spricht Bände...