Solche mithilfe eines 3D-Druckers hergestellten Waffen nennt man auch "Ghost Guns", Geisterwaffen. Denn sie bleiben unter dem Radar. Jeder, der einen 3D-Drucker hat, kann sie herstellen, ohne, dass da auch nur eine Sicherheitsbehörde die Nase dran kriegt. Das Phänomen ist nicht neu. Schon vor knapp fünf Jahren wurden solche Waffen sogar erstmals bei einem Anschlag eingesetzt, nämlich in Deutschland, beim antisemitisch motivierten Attentat in Halle. Der Täter hatte sein Waffenarsenal selbst gebaut, viele Teile kamen aus 3D-Druckern.
Im Juni vergangenen Jahres tauchte eine mit 3D-Drucker hergestellte Waffe in Südfrankreich auf. Die Polizei versuchte, die Herkunft der Knarre zu ermitteln und stieß dabei auf einen illegalen Handel im sogenannten Darknet - dem Teil des Internets also, der nur mithilfe von besonderer Software einsehbar ist. Nach langer und komplizierter Suche fand man endlich eine Spur, und die wies nach Belgien, genauer gesagt nach Oud-Heverlee bei Löwen. Die zuständige Kriminalpolizei von Löwen nahm Ermittlungen auf und konnte nach monatelanger, intensiver Suche endlich die Wohnung identifizieren, in der der Verdächtige untergetaucht lebte.
Vor einer Woche führten belgische und französische Ermittler in beiden Ländern koordinierte Hausdurchsuchungen durch, drei davon in Belgien. Und in besagter Wohnung fand man dann tatsächlich ein Atelier, in dem Waffen mithilfe von 3D-Druckern hergestellt wurden. "Die Printer waren sogar in Betrieb, als wir ankamen", sagte Lieve Craps von der föderalen Gerichtspolizei Löwen in der VRT. In dem Drucker wurden gerade sogenannte "Penguns" hergestellt, also sehr kleine Feuerwaffen in Form eines Schreibstifts, die nur eine Kugel abschießen können, die aber schon tödlich sein kann. "Auf frischer Tat ertappt", nennt man das wohl. Insgesamt wurden acht 3D-Drucker und sieben bereits einsatzfähige Waffen sichergestellt. Zwei Personen wurden festgenommen: Eine 18-jährige Frau aus Löwen und ein 26-jähriger Franzose, wie die Sprecherin der zuständigen Staatsanwaltschaft bestätigte.
Insgesamt wurden in Frankreich und Belgien elf Personen festgenommen. Der Franzose, der in Heverlee aufgegriffen wurde, gilt als der mutmaßliche Kopf der Bande. "Denn er war es, der die Waffen herstellte und auch vertrieb", sagte in der RTBF Nicolas Bessone, der zuständige Staatsanwalt von Marseille. Es handelt sich um einen der größten Erfolge im Kampf gegen diese vergleichsweise neue Form des Waffenhandels in Europa. Wobei das wohl nur die Spitze des Eisbergs sein dürfte. Die Herstellung der Waffen ist denkbar einfach. Man braucht eben nur einen 3D-Drucker, die Pläne findet man im Internet. Hinter diesem Phänomen verbirgt sich im Übrigen inzwischen schon eine ganze Ideologie, die aus den USA nach Europa geschwappt ist, sagte Hervé Petry, Leiter der Abteilung Cyberkriminalität der französischen Gendarmerie. Es handele sich letztlich um Aktivisten, die für den freien Zugang zu Waffen kämpfen.
"Wir haben es hier mit einer libertären Gruppe zu tun, die gegen die Waffengesetze zu Felde zieht", bestätigt auch Staatsanwalt Bessone aus Marseille. "Der Name, unter der eine dieser Waffen vertrieben wurde, spricht Bände: 'Fuck Gun Control 9 Millimeter'". Und dieses Phänomen bereitet den Sicherheitsbehörden zunehmend Sorgen. Eben weil diese "Geisterwaffen" nicht rückverfolgbar sind, sagt Lieve Craps von der Löwener Kriminalpolizei. Waffen werden auf diese Weise schlichtweg leichter zugänglich.
Roger Pint